“Danke, bevor die Sonne sinkt” (Fundraising-Weisheit #3)

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Die­ser Klas­si­ker geht auf den Doy­en des Fund­rai­sin­gs in Deutsch­land zurück: Lothar Schulz. Er war jahr­zehn­te­lang der Fund­rai­ser der Stif­tung Als­ter­dorf Hamburg.

“Dan­ke, bevor die Son­ne sinkt.” (Lothar Schulz)

Auch der moder­ne Mar­ke­teer dürf­te Schulz zustim­men. Denn er weiß, dass nach jeder (Kauf-/Spenden-)Entscheidung dem Auf­kom­men kogni­ti­ver Dis­so­nanz vor­zu­beu­gen ist. Beim Spen­der soll kein Zwei­fel an sei­ner Spen­den­ent­schei­dung ent­ste­hen. Zwei­fel, die auf­kom­men, wenn der Spen­der ewig nichts vom Emp­fän­ger hört und sich Fra­gen stellt wie: „Ist mei­ne Spen­de über­haupt ange­kom­men?“, „Wis­sen die Emp­fän­ger mei­ne Spen­de über­haupt zu schät­zen?“, „Brau­chen die mei­ne Spen­de über­haupt?“ Oder: „Hät­te ich nicht bes­ser an eine ande­re Orga­ni­sa­ti­on spen­den sol­len?“ Ein schnel­ler Dank mil­dert die kogni­ti­ve Dis­so­nanz ab oder beugt ihr gar vor. Er erhöht die Wahr­schein­lich­keit wei­te­rer Spen­den in der Zukunft.

„So fühlt man Absicht, und man ist ver­stimmt.“ (J.W. v. Goe­the, Tor­qua­to Tas­so, 2. Akt, 1. Auf­tritt) Die­ses Zitat bringt die Gefahr eines all­zu mecha­nis­ti­schen Vor­ge­hens gegen das mög­li­che Auf­flam­men kogni­ti­ver Dis­so­nanz auf den Punkt. Wes­halb bin ich irri­tiert, wenn mich der Auto­händ­ler ca. zehn Tage nach dem Kauf mei­nes neu­en Wagens anruft? Er möch­te sich ver­si­chern, dass ich mit mei­ner Ent­schei­dung noch zufrie­den bin. Weil ich ahne, dass es ihm weni­ger um mich, son­dern mehr um die Absi­che­rung sei­nes Ver­kaufs geht. Legi­tim und schlau aber auch berechnend.

Lothar Schulz ging es bei sei­nem Fund­rai­sin­gan­satz immer dar­um, die Per­spek­ti­ve der Spen­der in den Vor­der­grund zu rücken. Das ist die Kon­se­quenz einer wahr­haft empa­thi­schen Grund­hal­tung zu den Unter­stüt­zern. Im Unter­schied zu Kon­sum­gü­tern geht es im Non­pro­fit-Bereich um ideel­le Wer­te, die geteilt wer­den wol­len. Die Bezie­hung zwi­schen Spen­dern und Orga­ni­sa­ti­on unter­schie­det sich somit fun­da­men­tal. Wäh­rend ich beim Auto­händ­ler davon aus­ge­hen darf, dass die­ser für sei­nen eige­nen Pro­fit arbei­tet, ver­traue ich bei der Non­pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on (NPO) dar­auf, dass sie sich pri­mär den ande­ren, unse­ren Mit­men­schen, Mit­ge­schöp­fen und der Gemein­schaft ver­pflich­tet fühlt. Damit ist die mora­li­sche Fall­hö­he für NPOs deut­lich grö­ßer als bei Unter­neh­men, soll­te die­ses Ver­trau­en nach­hal­tig irri­tiert oder ent­täuscht werden.

Wah­rer Dank ent­springt nicht dem Kal­kül, son­dern der Ver­bun­den­heit im Geis­te, in der Sache und dem Respekt vor­ein­an­der. Dass ein schnel­les und von Her­zen kom­men­des „Dan­ke­schön“ auch zukünf­ti­gen Spen­den zuträg­lich ist, muss dabei nicht ver­ges­sen werden.

Lite­ra­tur:

  • Leon Fes­tin­ger: Theo­rie der Kogni­ti­ven Dis­so­nanz. Huber Ver­lag Bern, 2012.
  • Hans Raf­fée (Autor),‎ Bern­hard Sau­ter (Mit­wir­ken­de),‎ Gün­ter Sil­be­rer (Mit­wir­ken­de): Theo­rie der kogni­ti­ven Dis­so­nanz und Kon­sum­gü­ter-Mar­ke­ting: Der Bei­trag der Theo­rie der kogni­ti­ven Dis­so­nanz zur Erklä­rung und Gestal­tung von Kauf­ent­schei­dun­gen bei Kon­sum­gü­tern, Gab­ler Wies­ba­den, 1973.

(Foto: © RitaE by pixabay.com)

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