Roboter zahlen keine Kirchensteuer

Die Auto­ma­ti­sie­rung in der Arbeits­welt hat abseh­bar Fol­gen für das Kir­chen­steu­er­auf­kom­men. Wie soll dar­auf reagiert werden?

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Der Legen­de nach, gab es zwi­schen John Ford II und Wal­ter Reu­ther, dem Chef der Auto­bau­er­ge­werk­schaft fol­gen­de Epi­so­de. Sie gin­gen Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jah­re durch eine der ers­ten auto­ma­ti­sier­ten Ford-Fabri­ken. Da frag­te John Ford: “Wal­ter, wie willst Du Robo­ter dazu brin­gen, Gewerk­schafts­bei­trä­ge zu zah­len?”  Die­ser soll geant­wor­tet haben: “Wie willst Du Robo­ter dazu brin­gen, Dei­ne Autos zu kaufen?”

Das war noch weit vor der digi­ta­len Revo­lu­ti­on. Und doch wur­de bereits über die öko­no­mi­schen Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung für die Gesell­schaft nach­ge­dacht. Seit 2015 for­der­te der Grün­der von Micro­soft, Bill Gates, die Ein­füh­rung einer Robo­ter­steu­er. Er geht davon aus, dass die fort­schrei­ten­de Auto­ma­ti­sie­rung zum dau­er­haf­ten Ver­lust von vie­len Arbeits­plät­zen füh­ren wird. In der Indus­trie wer­den mehr und mehr Robo­ter mensch­li­che Arbei­ter erset­zen. Aber auch im Verwaltungs‑, Gesund­heits- und Dienst­leis­tungs­be­reich erset­zen Ver­fah­ren der künst­li­chen Intel­li­genz (KI) Sach­be­ar­bei­ter, Ärz­te und Berater.

Bill Gates fürch­tet, dass den Staa­ten die Ein­nah­men aus der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er weg­bre­chen, weil die erwerbs­tä­ti­ge Bevöl­ke­rung signi­fi­kant schrump­fen wird.

Denn es ist noch lan­ge nicht aus­ge­macht, dass in glei­chem Umfang neue Jobs ent­ste­hen wie alte weg­fal­len, was Kri­ti­ker der Robo­ter­steu­er vorhersagen.

Nun hängt die Kir­chen­steu­er bekann­ter­ma­ßen an der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er. Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er sind die Berech­nungs­grund­la­ge für die Kir­chen­steu­er (8 bzw. 9%). So wer­den nicht allein die altern­de und schrump­fen­de Bevöl­ke­rung bzw. Mit­glied­schaft sowie Kir­chen­aus­trit­te zum dau­er­haf­ten Rück­gang der Kir­chen­steu­er füh­ren. Die Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung dro­hen die­se Ent­wick­lung wei­ter zu verschärfen.

Wäh­rend der Staat den Ein­bruch bei der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er durch die Besteue­rung der Auto­ma­ti­sie­rungs­mit­tel aus­glei­chen könn­te, steht den Kir­chen die­ser Weg nicht zur Verfügung.

Die Kir­chen wer­den die­se wei­te­ren Ein­nah­me­rück­gän­ge adap­tie­ren und/oder ihre Ein­nah­me­quel­len erwei­tern müssen.

Nun wäre es hier ein Leich­tes zu schrei­ben, dass ein ver­stärk­tes kirch­li­ches Fund­rai­sing die Ant­wort auf die­se abseh­ba­re Her­aus­for­de­rung sei. Das mag tat­säch­lich ein Teil der Ant­wort wer­den. Doch wel­che Aus­wir­kun­gen die gesell­schaft­li­chen Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung für das Spen­den­auf­kom­men ins­ge­samt hat, ist auch noch zu klären

Zunächst gilt es für die Kir­chen, die Ent­wick­lun­gen im eige­nen Inter­es­se genau zu ana­ly­sie­ren und zu beden­ken. Es kom­men gro­ße Ver­än­de­run­gen auf uns zu, auf Kir­che und Gesellschaft.

(Bild: © PaulM by pixabay.com)

Links:

Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung: Bill Gates for­dert Robo­ter-Steu­er; http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/automatisierung-bill-gates-fordert-roboter-steuer-14885514.html; zuletzt auf­ge­ru­fen 20.6.2018.

Lobe, Adri­an: Soll­ten Robo­ter Steu­ern zah­len?, https://www.spektrum.de/kolumne/sollten-roboter-steuern-zahlen/1462207, 6.6.2017, zuletzt auf­ge­ru­fen am 14.6.2018.

Quo­tein­ves­ti­ga­tor: https://quoteinvestigator.com/2011/11/16/robots-buy-cars/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 20.6.2018.

Spät, Patrick:  Adieu, Jobs! Will­kom­men, Maschi­ne!, https://www.zeit.de/karriere/2015–01/kapitalismus-arbeitsplaetze-digitalisierung-maschinen, 9.2.2015, zuletzt auf­ge­ru­fen am 14.6.2018.

Die Kirchensteuer — überall

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Es war in Bretten an der Stifts­kir­che. Eines Tages waren der Zivi und ich dabei, das Tor zur Ein­fahrt auf den Kirch­vor­platz zu schlie­ßen, da schoss ein Klein­wa­gen an uns vor­bei und fuhr dem Zivi bei­na­he über die Zehen. Der Wagen park­te, ein Mann stieg aus und woll­te eilends weg. Auf unse­re Ansa­ge hin, dass dies kein öffent­li­cher Park­platz sei und er bit­te wie­der weg­fah­ren sol­le, kam die Ant­wort: “Ich darf hier par­ken.  Ich zah­le Kirchensteuer.”

Ob aus­ge­spro­chen oder unaus­ge­spro­chen, das The­ma “Kir­chen­steu­er” schwebt wie eine Wol­ke über  jeder  Kom­mu­ni­ka­ti­on  mit unse­ren Mit­glie­dern, Sym­pa­thi­san­ten, Ehren­amt­li­chen und Spen­dern. Und — mei­ne The­se — je sel­te­ner die­se Kom­mu­ni­ka­ti­on geschieht, des­to häu­fi­ger spielt das The­ma eine Rol­le, wenn es dann zum Kon­takt kommt.

“Jah­re­lang habe ich Kir­chen­steu­er gezahlt, ohne etwas in Anspruch zu neh­men  und jetzt, wo ich hei­ra­te, kom­me ich mir wie ein Bitt­stel­ler vor.” Sol­che oder ähn­li­che Aus­sa­gen begeg­nen mir gelegentlich.

Auch manch Kir­chen­steu­er­zah­ler, der eine Spen­den­bit­te von sei­ner Gemein­de erhält, reagiert mit den Worten:

“Ich zah­le doch Kirchensteuer!”

Die­se Reak­ti­on kann so inter­pre­tiert wer­den, dass das Mit­glied der Mei­nung ist, bereits genug zur Finan­zie­rung der Kir­che bei­zu­tra­gen. Das schwingt wohl oft mit. Doch es gibt da noch etwas ande­res. Die Bit­te um eine Spen­de wird m.E. häu­fig als undank­bar und unzei­tig emp­fun­den. Denn der Bei­trag, den man als Mit­glied durch die Kir­chen­steu­er leis­tet, wur­de bis­lang nicht gewür­digt und gedankt.

Und ein Dank wäre ange­mes­sen, denn anders als bei staat­li­chen Steu­ern kann man sich der Kir­chen­steu­er leicht und legal durch den Aus­tritt ent­le­di­gen. Aus Sicht von Mit­glie­dern, die nur sel­ten in Kon­takt mit ihrer Gemein­de oder ande­ren kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen sind, ist die Kir­chen­steu­er so eher eine frei­wil­li­ge Gabe. Sie wird viel­leicht aus alter Ver­bun­den­heit gezahlt, ähn­lich einer pas­si­ven Vereinsmitgliedschaft.

Ich kann die geschil­der­te Ent­täu­schung eini­ger Kir­chen­steu­er­zah­ler beim Erhalt von Spen­den­brie­fen nach­voll­zie­hen. Dass die meis­ten Lan­des­kir­chen nicht wis­sen, wer die 30% ihrer kir­chen­steu­er­zah­len­den Mit­glie­der sind, taugt nicht als Ent­schul­di­gung (Wes­halb das so ist und ob das so blei­ben muss, dazu ein ander­mal.). Es ist viel­mehr ein wesent­li­ches Teil des Pro­blems. Denn es sind die Orts­ge­mein­den und ihre Mit­ar­bei­ter und Enga­gier­ten, die in den dich­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zu­sam­men­hän­gen mit den Mit­glie­dern ste­hen. Über ihnen reg­nen die meis­ten der regel­mä­ßi­gen Kir­chen­steu­er­ge­wit­ter ab.

Was Not tut? Mehr, genau­er und offe­ner über das The­ma Kir­chen­steu­er mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Und das gilt nicht nur oder pri­mär in Hin­blick auf die vie­len Mit­glie­der, die nicht zur Kern­ge­mein­de gehö­ren, oder die all­ge­mei­ne Öffent­lich­keit. Da gibt es zwar schon gute Ansät­ze (sie­he z.B. hier), aber auch noch viel zu tun. Mehr reden und infor­mie­ren gilt vor allem auch für die Mit­ar­bei­te­rIn­nen, die Gre­mi­en und Kern­ge­mein­den. Es geht um ein Bewusst­sein um die finan­zi­el­len Grund­la­gen unse­rer Kir­che. Davon hängt die Orga­ni­sa­ti­on Kir­che ab.

Die Bot­schaft Jesu gilt allen Men­schen, egal ob arm oder reich, ohne Unter­schied. Doch die unglei­che Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­tei­lung in unse­rer Gesell­schaft spie­gelt sich bei unse­ren Mit­glie­dern wei­test­ge­hend wider. Als Orga­ni­sa­ti­on tut Kir­che gut dar­an, dies wahr­zu­neh­men und Aris­to­te­les’ ethi­sches Prin­zip zu befol­gen: Glei­ches gleich zu behan­deln und Unglei­ches ungleich. Die Ver­drän­gung oder Tabui­sie­rung des The­mas wird nie­man­dem gerecht wer­den und nicht gut tun.

(Bild: © nis­roh / pixabay.com)

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