„Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit.“ (Fundraising-Weisheit #12)

In die­sem Bei­trag gehe ich von der Erfah­rung aus, dass es ver­hält­nis­mä­ßig viel Zeit benö­tigt, um prä­gnan­te Tex­te zu schrei­ben. Und ich fra­ge mich, ob bzw. was das Out­sour­cing der Text­ar­beit, z.B. an KI-Sys­te­me, dar­an tat­säch­lich ändern kann.

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Ent­schul­di­gen Sie, dass ich Ihnen einen lan­gen Brief schrei­be, für einen kur­zen habe ich kei­ne Zeit.

Die­ses Zitat mag kei­ne tra­di­tio­nel­le Fund­rai­sin­g­weis­heit sein. Mir geht sie aber immer wie­der durch den Kopf, wenn ich Spen­den­brie­fe oder ande­re Tex­te fürs Fund­rai­sing ver­fas­sen muss. For­mu­liert der Satz doch eigent­lich eine Erfah­rung, die vie­le Autor:innen ken­nen dürf­ten. Das kon­zen­trier­te Schrei­ben braucht Zeit. Und Weis­hei­ten sind eben nichts ande­res als Erfahrungswissen.

Das ist der Grund, wes­halb die­ses Zitat immer wie­der ein­mal ange­führt wird. Es wur­de in der Ver­gan­gen­heit ver­schie­de­nen Schriftsteller:innen zuge­schrie­ben: Vol­taire, Mark Twa­in, Johann Wolf­gang zu Goe­the oder Char­lot­te von Stein. Tat­säch­lich stammt es vom Uni­ver­sal­ge­lehr­ten Blai­se Pas­cal (1623–1662) (Krieg­ho­fer, 2017).

Pas­cal schreibt die­se Wor­te am Ende des 16. Brief aus der Pro­vinz (Pas­cal, 1657). Er ist Teil eines fik­ti­ven theo­lo­gisch-phi­lo­so­phi­schen Brief­wech­sels, der wegen sei­ner pro­gres­si­ven und kri­ti­schen Gedan­ken sehr popu­lär wur­de. Fik­ti­on hin oder her. Das Zitat reflek­tiert die grund­sätz­li­che Her­aus­for­de­rung, wel­che das Ver­fas­sen kur­zer und prä­gnan­ter Text­for­men darstellt.

„Laber nicht!“

Die Zeit, die für das Ver­fas­sen eines kur­zen Tex­tes, sei es eines Spen­den­briefs, einer Mar­ke­ting-E-Mail oder auch eines Pos­tings benö­tigt wird, steht in kei­nem pro­por­tio­na­len Ver­hält­nis zu sei­ner begrenz­ten Länge.

Dass sich Pas­cal beim Adres­sa­ten ent­schul­digt, hat sei­nen guten Grund. Eine strin­gen­te Glie­de­rung und ein auf Les­bar­keit bedach­ter Stil machen es der Leser:in leicht, den Gedan­ken und Anlie­gen des Autors zu fol­gen. Lang­at­mi­ges und unstruk­tu­rier­tes Geschrei­be sind dem­ge­gen­über eine Zumu­tung. Prä­gnanz emp­fiehlt sich nicht nur aus Höf­lich­keit. Sie liegt auch im Inter­es­se des Ver­fas­sers. Will er doch, dass sei­ne Gedan­ken und Anlie­gen beim Emp­fän­ger ankommen.

Übung macht den Meister

Rund zehn bis zwölf Spen­den­brie­fe schrei­be ich pro Jahr für diver­se Gemein­den und Pro­jek­te der Evan­ge­li­schen Kir­che und des Dia­ko­ni­schen Werks in Mann­heim. Und das mache ich nun seit 16 Jah­ren. Einer­seits bin ich dadurch über die Zeit immer erfah­re­ner und rou­ti­nier­ter gewor­den. Ich bin stil­si­che­rer und ver­mei­de auto­ma­tisch lan­ge Sät­ze, Fremd­wor­te, Füll­wör­ter und ach­te auf einen Verbalstil.

Auch Hilfs­mit­tel wie das AIDA-(fundraising-evangelisch.de, 2025) oder das PAS-Sche­ma (Widen­house, 2025) hel­fen beim Glie­dern der Tex­te. Das Ziel von Spen­den­brie­fen liegt auf der Hand. So geht es vor allem um das Wie hin­sicht­lich des Call to Action. Es fühlt sich manch­mal fast wie “Malen nach Zah­len” an. Das Gerüst ist vor­ge­ge­ben, es muss nur noch aus­ge­füllt werden.

Beschleunigung durch Outsourcing?!

Doch dabei wird auch die Gefahr deut­lich, die in der Rou­ti­ne liegt. Letz­tens erzähl­te mir ein Kol­le­ge aus einer grö­ße­ren Ein­rich­tung, dass sie ihre Spen­den­brie­fe seit eini­gen Jah­ren — aus Zeit­grün­den — nicht mehr selbst schrei­ben. Das erle­digt inzwi­schen eine Agen­tur. Natür­lich brie­fen sie die Agen­tur hin­sicht­lich der Pro­jek­te. Und sie über­ar­bei­ten alle Ent­wür­fe, die sie von der Agen­tur bekom­men. Denn — so mein Kol­le­ge — die Brie­fe der Agen­tur wir­ken irgend­wie immer gleich. Zudem mer­ke man, dass die Autoren mit den Pro­jek­ten nicht beson­ders ver­traut und ver­bun­den sind.

Ich war ver­sucht zu fra­gen, wes­halb sie dann eine Agen­tur mit dem Schrei­ben von Spen­den­brie­fen betrau­en. Wel­chen Vor­teil hat das noch? Gleich­zei­tig erkann­te ich, dass die Zusam­men­ar­beit mit einer Agen­tur nicht zwangs­läu­fig den Schreib­pro­zess wesent­lich verkürzt.

Meine Zielgruppen und meine Geschichten

Die meis­te Zeit beim Schrei­ben von Spen­den­auf­ru­fen benö­tigt mei­ner Erfah­rung nach die Geschich­te und die Art und Wei­se, mit der ich den Cau­se, den Zweck unse­rer Arbeit, beschrei­be. Ich sau­ge mir da nichts aus den Fin­gern. Ich bit­te unse­re Sozialarbeiter:innen, Pfarrer:innen, Kantor:innen oder ande­re Mitarbeiter:innen in den Pro­jek­ten dar­um, mir ein oder zwei typi­sche Bege­ben­hei­ten aus ihrer Arbeit zu erzäh­len oder zu schreiben.

Für mich geht es in der Fol­ge dar­um, zu über­le­gen, wie ich die Geschich­te wem erzäh­le. Mir die Ziel­grup­pen zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, an die ich schrei­be, ist ein bewuss­ter Akt. Anhand der Daten­bank und ein­zel­ner Begeg­nun­gen mit Spender:innen ver­su­che ich mir ein Bild von den Men­schen zu machen, die das jewei­li­ge Pro­jekt unter­stüt­zen. Was weiß ich über sie? Wel­che Moti­ve haben sie? Was inter­es­siert sie? Was scheint sie ästhe­tisch anzu­spre­chen bzw. abzu­schre­cken? Das sind kei­ne nach den Regeln der Kunst erstell­ten Per­so­nas, doch es geht in die­se Richtung.

So klärt sich Schritt um Schritt, wel­che Sto­ry ich wie für mei­ne Ziel­grup­pe erzäh­len möch­te. Das Schrei­ben ist dann vor allem eines: Ein Handwerk.

KI — Ein neues Schreibwerkzeug in der Federtasche

Kürze diesen Brief auf einen Briefbogen. Alle wesentlichen Themen sollen benannt werden. Korrigiere den Text und verbessere die Lesbarkeit für meinen 60jährigen Freund, den Landpfarrer.

Die­ser Prompt in einem LLM hät­te Blai­se Pas­cal wahr­schein­lich sei­ne Ent­schul­di­gung erspa­ren kön­nen. In Win­des­ei­le hät­ten ChatGPT, Mis­tral AI und Co. den schnell und viel zu lang geschrie­be­nen Brief zurechtgestutzt.

Gene­ra­ti­ve KIs, soge­nann­te Lar­ge Lan­guage Modells (LLM), ver­än­dern aktu­ell her­kömm­li­che Pro­zes­se der Text­pro­duk­ti­on. Sie haben auch Ein­fluss auf die damit zusam­men­hän­gen­den krea­ti­ven Pro­zes­se. Die von den Sys­te­men rasend schnell geschrie­be­nen Tex­te ver­hei­ßen, die Pro­zes­se der Text­pro­duk­ti­on enorm zu beschleu­ni­gen und Zeit einzusparen.

Korrigieren und Redigieren

Tat­säch­lich kön­nen die LLMs das Schrei­ben von Spen­den­brie­fen erleich­tern — fin­de ich. Das Kor­ri­gie­ren und Redi­gie­ren mit LLMs ist defi­ni­tiv kom­for­ta­bel und ein­fach zu bewerk­stel­li­gen. Die Les­bar­keit von Tex­ten lässt sich schnell ver­bes­sern. Das kann zudem mit Blick auf Ziel­grup­pen geschehen.

Hilfe beim Kreieren

Gute Erfah­run­gen habe ich damit gemacht, aus­ge­hend von einer Fall­ge­schich­te, einen ers­ten Ent­wurf für einen Spen­den­brief schrei­ben zu las­sen. Ent­schei­dend für das Ergeb­nis dabei ist, dass man beim Promp­ten so viel Kon­text wie mög­lich zum Pro­jekt, der Ein­rich­tung, dem Anlass, der Rol­le des Ver­fas­sers mitgibt.

So ent­ste­hen ers­te Fas­sun­gen, die ich gege­be­nen­falls in einem wei­te­ren Dia­log mit dem LLM noch ver­än­de­re. Alle wei­te­ren Über­ar­bei­tun­gen ent­ste­hen auf her­kömm­lich manu­ell-mensch­li­che Weise.

Für die Betreff­zei­le und das PS kann las­se ich mir ger­ne von der KI drei Vor­schlä­ge machen. Bis­lang habe ich kei­ne davon über­nom­men. Doch die Vor­schlä­ge dien­ten als Hin­wei­se, in wel­che Rich­tung es gehen könnte.

Schnelles Adaptieren

LLMs sind mei­nes Erach­tens auch sehr hilf­reich dabei, fer­ti­ge Tex­te für ande­re Zwe­cke oder in ande­re Text­sor­ten anzu­pas­sen. Schnell kann aus einem Spen­den­brief ein E‑Mailing gene­riert wer­den. Die Text­län­ge wird auto­ma­tisch ange­passt. Die Tona­li­tät wird dring­li­cher und der Call-to-Action-Link an der rich­ti­gen Stel­le posi­tio­niert. Und falls einem das AIDA-Sche­ma nicht passt, kann man den Ent­wurf schnell ins PAS-Sche­ma umstellen.

Auch eine Du-Ver­si­on von einem Text zu erstel­len, der ursprüng­lich mit for­ma­ler Anre­de geschrie­ben war, ist mit einer Ein­ga­be erledigt.

Dank­brie­fe sind im Moment mein liebs­ter Anwen­dungs­fall. Einen pas­sen­den Dank­text zu den Spen­den­auf­ru­fen zu erstel­len, erfor­dert nur den Spen­den­brief und zwei oder drei Prompts. Hier haben LLMs für mich tat­säch­lich eine deut­li­che Arbeits­be­schleu­ni­gung gebracht. Die­se glei­cher­ma­ßen wich­ti­ge wie von mir manch­mal unge­lieb­te Arbeit erle­di­ge ich jetzt tat­säch­lich unmit­tel­bar nach der Fer­tig­stel­lung des Spendenaufrufs.

Prüfet alles, das Gute behaltet

Bei alle­dem gilt aber, dass die Ergeb­nis­se der LLMs geprüft wer­den soll­ten. Zum einen schlei­chen sich manch­mal doch Feh­ler ein. Dop­pe­lun­gen wer­den manch­mal nicht erkannt. Aber auch durch das Modell ein­ge­füg­te Fak­ten, soll­ten min­des­tens auf Plau­si­bi­li­tät hin geprüft wer­den. Ein­mal ließ ich z.B. die Ent­fer­nung von Mann­heim und Heil­bronn in einen Text ein­fü­gen. Statt der rund 80 km wur­den gut 90 km ange­ge­ben. Beim Lesen brach­te mich ein Stör­ge­fühl dazu, den Wert nachzuprüfen.

Auch sprach­lich behal­te ich mir das letz­te und auch das vor­letz­te Wort vor. Nur so kann ich genau­er auf mei­ne Ziel­grup­pen ein­ge­hen und den Stil indi­vi­du­ell hal­ten. Ansons­ten lan­den wir auch mit den KI-Model­len da, wo der Kol­le­ge, von dem ich oben schrieb, schon mit den Ent­wür­fen der Agen­tur war: In der Beliebigkeit.

Schneller? Vielleicht.
- Einfacher? Sicher!

Trotz des Ein­sat­zes von LLMs bleibt der Aus­spruch von Blai­se Pas­cal aktu­ell. Es bedarf eines gerüt­telt Maß an Zeit, um einen kur­zen und les­ba­ren Spen­den­brief zu schrei­ben. All die kon­kre­ten Bezü­ge zur mensch­li­chen Wirk­lich­keit, sei­en es Anek­do­ten aus dem Pro­jekt, die Situa­ti­on unse­rer Orga­ni­sa­tio­nen oder die Erfah­run­gen mit unse­ren Spender:innen müs­sen wir selbst bei­tra­gen und ein ers­tes Mal for­mu­lie­ren — und sei es als Prompt in einem LLM.

Ob der Ein­satz von LLMs die Text­pro­duk­ti­on im Fund­rai­sing deut­lich beschleu­nigt hat, kann ich im Moment objek­tiv nicht beur­tei­len. Der Fak­tor Mensch wird aktu­ell nicht zurück­ge­fah­ren geschwei­ge denn aus­ge­schal­tet. Dass es sich viel­leicht manch­mal schnel­ler anfühlt, mag an einem ande­ren Umstand lie­gen: KI macht eini­ges beim Tex­ten weni­ger mühe­voll und leichter.

 

Quellen

fundraising-evangelisch.de. 2025. „AIDA-Regel im Fund­rai­sing“. Fund­rai­sing Evan­ge­lisch. 2025. https://www.fundraising-evangelisch.de/aida.

Krieg­ho­fer, Gerald. 2017. „ZITATFORSCHUNG: ‚Lie­ber Freund, ent­schul­di­ge mei­nen lan­gen Brief, für einen kur­zen hat­te ich kei­ne Zeit.‘ Char­lot­te von Stein (angeb­lich)“. ZITATFORSCHUNG (blog). 9. Novem­ber 2017. https://falschzitate.blogspot.com/2017/11/lieber-freund-entschuldige-meinen.html.

Pas­cal, Blai­se. 1657. Les pro­vin­cia­les; ou, Les lett­re ecri­tes par Lou­is de Mon­tal­te à un pro­vin­cial de ses amis et aux rr. pp. jésui­tes: sur le sujet de la mon­de et de la poli­tique de ces pères. Paris F. Didot frè­res. http://archive.org/details/lesprovinciales00pasc.

Widen­house, Kathy. 2025. „The PAS Copy­wri­ting For­mu­la: The Best For­mat for Short Form Con­tent“. Non­pro­fit Copy­wri­ter. 31. März 2025. http://www.nonprofitcopywriter.com/PAS-copywriting-formula.html.

Bildnachweis

Foto von Bru­no Mar­tins auf Uns­plash

“Der Wurm muss dem Fisch und nicht dem Angler schmecken.” (Fundraising-Weisheit #11)

Eine zeit­lo­se Weis­heit, die zugleich eine per­ma­nen­te Her­aus­for­de­rung für Fundraiser:innen und Entscheider:innen for­mu­liert: Wie ver­mei­de ich, mei­ne Vor­lie­ben auf die der Ziel­grup­pe zu über­tra­gen? Neue For­schun­gen zei­gen, wie der Gefahr des “fal­se con­sen­sus effect” bei der Ent­wick­lung von Mar­ke­ting­maß­nah­men sys­te­ma­tisch begeg­net wer­den kann.

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Das ist eine weit­hin unbe­strit­te­ne Fund­rai­sing- und Mar­ke­ting­weis­heit. Wer­be­maß­nah­men, die Gestal­tung von Events etc. sol­len sich an den Bedürf­nis­sen, der Spra­che und den ästhe­ti­schen Prä­fe­ren­zen der Ziel­grup­pen aus­rich­ten. Die per­sön­li­chen Vor­lie­ben der ver­ant­wort­li­chen Fundraiser:in und der Entscheidungsträger:innen spie­len im Zwei­fels­fall nur eine unter­ge­ord­ne­te Rolle.

Doch die Umset­zung die­ses Prin­zips ist im All­tag nicht immer pro­blem­los. Bei der Frei­ga­be von Kam­pa­gnen und Designs durch Vor­stand oder Vor­ge­setz­te kommt es mit­un­ter zu per­sön­li­chen Geschmacks­ur­tei­len, die mit einem Mal die Arbeit von Wochen und Mona­ten in Fra­ge stel­len. Aber auch Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Fundraisingexpert:innen tap­pen in die Fal­le, falls sie bei aller Begeis­te­rung für eine Idee, die Wir­kung auf die anzu­spre­chen­de Ziel­grup­pe aus dem Fokus verlieren.

Ich bli­cke manch­mal leicht abschät­zig auf die klei­nen Adress­auf­kle­ber, die dem einen oder ande­ren Spen­den­brief als Incen­ti­ve bei­lie­gen: “Wer lässt sich denn davon zum Spen­den über­zeu­gen?” Doch offen­sicht­lich gibt es Men­schen, für die das ein Anreiz ist.

Vie­le Fund­rai­sin­g­ziel­grup­pen bewe­gen sich in ande­ren Lebens­wel­ten oder sozia­len Milieus wie die Fundraiser:innen und Vor­stän­de einer Orga­ni­sa­ti­on. Das gilt in jede Rich­tung. Und damit ver­bun­den sind je eige­ne ästhe­ti­sche und kom­mu­ni­ka­ti­ve Prä­fe­ren­zen. Dar­über muss ich mir im Kla­ren sein, wenn ich z.B. als nor­mal ver­die­nen­der Fund­rai­ser einen Event für ver­mö­gen­de Großspender:innen plane. 

Wie gefähr­lich es ist, von sich auf ande­re zu schlie­ßen, muss­te eine befreun­de­te Orga­ni­sa­ti­on vor eini­gen Jah­ren erle­ben. Da waren Fund­rai­ser und Finanz­re­fe­rent bei der Pla­nung des neu­en Weih­nachts­mai­lings der Über­zeu­gung, “… dass kein Mensch mehr Über­wei­sungs­trä­ger im Spen­den­brief braucht, schließ­lich macht man heu­te Online-Ban­king”. In der Fol­ge brach das Ergeb­nis des Spen­den­briefs um 40% im Ver­gleich zum Vor­jahr ein. Den Appell und die Hil­fe, wel­che Über­wei­sungs­trä­ger für vie­le Spender:innen dar­stel­len, konn­ten sie sich aus ihrer War­te nicht vorstellen.

Stel­len sich also die grund­sätz­li­chen Fra­gen, woher der Ang­ler (=Fundraiser:in) weiß, wel­cher Wurm (=Engagementangebot/Kommunikationsmittel) dem Fisch (=Ziel­grup­pe) schmeckt? Und wie kön­nen sich Fundraiser:innen und Entscheidungsträger:innen davor schüt­zen, unwill­kür­lich von den eige­nen auf die Prä­fe­ren­zen ande­rer zu schließen?

Der false consensus effect bei Marketingentscheidungen

Da hel­fen die Ergeb­nis­se der 2021 publi­zier­ten Stu­die “Mar­ket­ers Pro­ject Their Per­so­nal Pre­fe­ren­ces onto Con­su­mers: Over­co­ming the Thre­at of Ego­cen­tric Decis­i­on Making” von Wal­ter Her­zog, Johan­nes D. Hat­tu­la und Dar­ren W. Dahl (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021). Die For­scher unter­such­ten, wie Ent­schei­dungs­trä­ger im Mar­ke­ting den sog. “fal­se con­sen­sus effect” (kurz: fce) bei der Vor­her­sa­ge von Kun­den­ver­hal­ten ver­mei­den kön­nen; also eben die unwill­kür­li­che Über­tra­gung der eige­nen Prä­fe­ren­zen auf die der Kunden.

Die Autoren der Stu­die beto­nen, dass den meis­ten Mar­ke­teers die Gefahr, dass sie ihre eige­nen Prä­fe­ren­zen auf die der anzu­spre­chen­den Ziel­grup­pen unwill­kür­lich über­tra­gen kön­nen, bewusst ist (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 456). Des­we­gen ver­su­chen sie ihre eige­ne Prä­fe­ren­zen hin­sicht­lich des zu ent­wi­ckeln­den Mar­ke­ting­kon­zepts zu unterdrücken.

Zunächst unter­such­ten die For­scher, mit wel­chen Mit­teln die Befrag­ten dies zu unter­drü­cken ver­su­chen. Rund 75% der Mar­ke­teers gaben an, dass sie ver­su­chen, rein kogni­tiv die für sich selbst bevor­zug­ten Kon­zep­te aus­zu­blen­den. 23,1% gaben an, sich mit ande­ren Mar­ke­ting­ex­per­tin­nen zu bera­ten. Nur 18,5% zogen Metho­den und Infor­ma­tio­nen der Markt­for­schung her­an. Es gab also eine deut­li­che Prä­fe­renz für die Lösung, die am wenigs­ten zeit­li­chen und finan­zi­el­len Auf­wand erfor­dert (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 458).

Damit stell­te sich die Fol­ge­fra­ge, ob die Stra­te­gie, die eige­nen Prä­fe­ren­zen gedank­lich aus­zu­blen­den, funk­tio­nie­ren kann. Denn ent­spre­chend der “Iro­nic pro­cess theo­ry” von Dani­el Weg­ner füh­ren bewuss­te Ver­su­che, bestimm­te Gedan­ken zu unter­drü­cken, zum genau gegen­tei­li­gen Effekt. Durch die Kon­zen­tra­ti­on auf den Gegen­stand, an den man nicht den­ken möch­te, wird die­ser oft men­tal prä­sen­ter (Wiki­pe­dia con­tri­bu­tors 2022 ; Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 460f.). 

Die Pro­ban­den wur­den vor Beginn eines zwei­ten Expe­ri­ments aus­drück­lich auf den den fal­se con­sen­sus effect und sei­ne Wirk­wei­se hin­ge­wie­sen. Es stell­te sich in der Fol­ge her­aus, dass das Aus­blen­den der eige­nen Prä­fe­ren­zen dann gelingt, wenn die Entscheidungsträger:in sich ihrer eige­nen Prä­fe­renz sicher und bewusst sind. Die­se Grup­pe hat­te eine 60% nied­ri­ge­re Feh­ler­quo­te bei den Vor­her­sa­gen des Kun­den­ver­hal­tens als die­je­ni­gen, die nicht ver­such­ten, ihre Prä­fe­ren­zen zu unter­drü­cken (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 473). 

Je unsi­che­rer jemand hin­sicht­lich der eige­nen Prä­fe­renz oder Ein­stel­lung zu einem The­ma bzw. Pro­dukt war, des­to stär­ker wirk­te sich der fal­se con­sen­sus effect aus, sofern die­se Per­son ver­such­te, die eige­nen Prä­fe­ren­zen zu unter­drü­cken. Hier kam es zu einem back­fi­re-Effekt, wie ihn die “Iro­nic pro­cess theo­ry” beschreibt. Die zu unter­drü­cken­de Vor­stel­lung wur­de domi­nant. Der fal­se con­sen­sus effect ist in die­sem Fall sogar grö­ßer, als wenn man gar nicht erst ver­sucht, die eige­ne Prä­fe­renz zu unter­drü­cken (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 467).

Handlungsempfehlungen zur Vermeidung des fce

Die Autoren der Stu­die emp­feh­len auf Basis der beschrie­be­nen Ergeb­nis­se zwei kon­kre­te Maß­nah­men, um den fal­se con­sen­sus effect zu mini­mie­ren (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 472):

  1. Mar­ke­teers und Entscheidungsträger:innen sol­len vor wich­ti­gen Ent­schei­dun­gen aus­drück­lich über den fal­se con­sen­sus effect und ande­re kogni­ti­ve Ver­zer­run­gen (bia­ses) infor­miert und gewarnt wer­den. Die Autoren schla­gen gar eine Check­lis­te mit den gän­gigs­ten kogni­ti­ven Ver­zer­run­gen vor, wel­che in die­sem Zusam­men­hang her­an­ge­zo­gen wer­den soll. 
  2. Mar­ke­teers und Entscheidungsträger:innen sol­len dahin­ge­hend bera­ten und fort­ge­bil­det wer­den, alle Ver­su­che zu unter­las­sen, eige­ne unsi­che­re oder schwa­che Prä­fe­ren­zen zu unter­drü­cken, sobald sie mer­ken, dass dies nicht gelingt bzw. es ins Gegen­teil umschlägt (iro­nic moni­to­ring). Die­se Stra­te­gie führ­te in den Ver­su­chen dazu, dass die Feh­ler bei der Vor­her­sa­ge des Kun­den­ver­hal­tens um 54% gegen­über den Per­so­nen san­ken, die wei­ter ver­such­ten, ihre unsi­che­ren oder schwa­chen Über­zeu­gun­gen zu unter­drü­cken (Her­zog, Hat­tu­la, und Dahl 2021, 472).

Bei­de Emp­feh­lun­gen set­zen m.E. vor­aus, dass sich Mar­ke­teers und Entscheidungsträger:innen zuvor ihrer eige­nen Prä­fe­ren­zen ver­ge­wis­sern und bewusst wer­den. Ggf. soll­ten sie auch fest­stel­len, dass sie per­sön­lich hin­sicht­lich der zu tref­fen­den Pro­dukt- oder Design­ent­schei­dung unsi­cher oder indif­fe­rent sind. Denn genau in die­ser Unsi­cher­heit besteht das größ­te Risi­ko, dem fal­se con­sen­sus effekt zu erlie­gen.

Fazit: Erkenne dich selbst

“Der Wurm muss dem Fisch und nicht dem Ang­ler schme­cken.” Die­ser Satz ist vor dem Hin­ter­grund der beschrie­be­nen For­schun­gen zum fal­se con­sen­sus effect eben auch eine War­nung vor die­sem. Die­se Fund­rai­sing-Weis­heit erschöpft sich nicht allein dar­in, eine Erin­ne­rung dar­an zu sein, die Bedürf­nis­se und Inter­es­sen der Ziel­grup­pen im Auge zu haben. Sie moti­viert uns zu einem zwei­ten Blick. Denn man­ches, was wir für die Bedürf­nis­se und Inter­es­sen unse­rer Spender:innen hal­ten, ent­puppt sich als der eige­ne Wunsch, die ganz eige­ne Vor­stel­lung. Davor ist nie­mand gefeit.

Ich bin der Ansicht, dass mit wach­sen­der Berufs­er­fah­rung spe­zi­ell von Mar­ke­teers und Fundraiser:innen die Gefahr klei­ner wird, dem fal­se con­sen­sus effect zu erlie­gen. Zum einen lernt man sich selbst hin­sicht­lich der eige­nen Prä­fe­ren­zen immer bes­ser ken­nen. Zum ande­ren erfährt man über die Prä­fe­ren­zen zumin­dest der eta­blier­ten Ziel­grup­pen von Akti­on zu Akti­on mehr und mehr. Ver­schwin­den wird die Gefahr des fce aber nie.

Eine blei­ben­de Her­aus­for­de­rung sind board edu­ca­ti­on and trai­ning. Vor­stän­de und Entscheider:innen in Ver­ei­nen, NPOs und Kir­che, wel­che Mar­ke­ting- und Fund­rai­sin­g­ak­ti­vi­tä­ten frei geben und ver­ant­wor­ten müs­sen, haben häu­fig kei­nen Fund­rai­sing- oder Mar­ke­ting­hin­ter­grund. Doch sie soll­ten die­se Ent­schei­dun­gen in reflek­tier­ter Wei­se und damit zum Nut­zen der von ihnen geführ­ten Orga­ni­sa­ti­on fäl­len. Dazu ist es uner­läss­lich, die men­ta­len Mecha­nis­men bei der eige­nen Ent­schei­dungs­fin­dung zu ken­nen. D.h., im rich­ti­gen Moment ggf. von den per­sön­li­chen Geschmacks- und Sinn­ur­tei­len zuguns­ten des ange­streb­ten Ziels abse­hen zu können.

Quellen

Her­zog, Wal­ter, Johan­nes D. Hat­tu­la, und Dar­ren W. Dahl. 2021. „Mar­ket­ers Pro­ject Their Per­so­nal Pre­fe­ren­ces onto Con­su­mers: Over­co­ming the Thre­at of Ego­cen­tric Decis­i­on Making“. Jour­nal of Mar­ke­ting Rese­arch 58 (3): 456–75. https://doi.org/10.1177/0022243721998378.

Wiki­pe­dia con­tri­bu­tors. 2022. „Iro­nic pro­cess theo­ry — Wiki­pe­dia, The Free Ency­clo­pe­dia“. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Ironic_process_theory&oldid=1084011865.

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“Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.” (Fundraising-Weisheit #10)

Die­se Fund­rai­sing- und Mar­ke­ting­weis­heit wird immer wah­rer. Eigent­lich müss­te man inzwi­schen for­mu­lie­ren: „Ein Video sagt mehr als 7 Mil­lio­nen Wor­te.“ Wor­an liegt das genau? Wel­che Aus­wir­kun­gen hat das für das Fundraising?

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Zwei Anek­do­ten aus mei­ner Arbeit der ver­gan­ge­nen 18 Monate:

Ein Groß­spen­der, mit dem ich schon län­ger zusam­men­ar­bei­te, bat mich um Infor­ma­tio­nen über ein Pro­jekt. Ich schick­te ihm per E‑Mail ein Kurz­ex­pośe. Dabei fiel mir eine Video­bro­schü­re für Groß­spen­der vom UNHCR (s.u.) ein, die mir beim IFC 2019 in die Hän­de gefal­len war.

Video: Video­bro­schü­re für Großspender:innen des UNHCR (Carp 2019)

Kur­zer­hand füg­te ich am Ende der E‑Mail den Link zu einem kur­zen Film­bei­trag über unser Pro­jekt ein. „Viel­leicht wol­len Sie sich mit­tels des Vide­os einen ers­ten Ein­blick ver­schaf­fen.“, schrieb ich.

Nor­ma­ler­wei­se dau­er­te es rund 14 Tage, bis das Büro unse­res Spen­ders mich anrief oder ich dort nach­fra­gen konn­te. Die­ses Mal erhielt ich nach nicht ein­mal 24 Stun­den einen Anruf: „Ich habe mir das Video ange­guckt. Das Pro­jekt ist gut. Das machen wir.“

Im Som­mer schrieb ich dann einen För­der­an­trag an eine gro­ße Stif­tung in unse­rer Regi­on. Noch hat­ten wir nicht zusam­men­ge­ar­bei­tet. Der Antrag war form­los, ein Anschrei­ben, ein zwei­sei­ti­ges Expo­sé, Finanz­plan, ein Bau­plan und ein Pres­se­spie­gel. Es ging dar­um, das Außen­ge­län­de einer Kin­der­ta­ges­stät­te in einem sozi­al schwa­chen Stadt­teil neu zu gestal­ten. Uns fehl­ten rund 9.000 Euro. In das Expo­sé füg­te ich einen Link zu einem Fern­seh­bei­trag über die Kita ein, der beschrieb, wie die Kin­der in das Pro­jekt ein­be­zo­gen wurden.

Beim Orts­ter­min sag­te die Mit­ar­bei­te­rin der Stif­tung, dass der Antrag gut struk­tu­riert war und sie durch den Film­bei­trag einen tol­len ers­ten Ein­druck von der Arbeit der Kita bekom­men habe. Auch die­se För­de­rung haben wir erhalten.

One picture is worth a thousand words.“

Die­ser Satz geht auf Fre­de­rick Bar­nard zurück, einen Wer­be­fach­mann der Chi­ca­go­er „Street Rail­ways Adver­ti­sing Com­pa­ny“. 1921 stell­te er in einem Bran­chen­blatt sei­ne Idee vor, Wer­bung mit Bil­dern auf Stra­ßen­bah­nen zu plat­zie­ren. Er war der Auf­fas­sung, dass die­se viel schnel­ler ver­stan­den wür­de als rein text­ori­en­tier­te Wer­bung (Früh­beis 2017). Eine Erfah­rung und Ein­sicht, die seit­dem auch im Fund­rai­sing gilt. Bil­der trans­por­tie­ren Emo­tio­nen und die Dring­lich­keit von Situa­tio­nen beson­ders gut. Doch war­um ist das so?

Bilder sind Sinnverdichter und Symbole

Visu­el­le Bil­der ver­dich­ten Infor­ma­tio­nen. Es bedarf unzäh­li­ger Wor­te, um ein Bild zu beschrei­ben, sei es ein sur­rea­les Gemäl­de von Miró, sei es ein Por­trait von Max Beck­mann oder eine Foto­gra­fie von Hel­mut New­ton. Und bei der Betrach­tung von Bil­dern gilt das Glei­che, was der Ansatz der rea­der respon­se cri­ti­cism für Tex­te for­mu­lier­te: Leser:Innen bzw. Betrachter:Innen neh­men das Werk vor dem Hin­ter­grund ihrer Erfah­run­gen und Gefüh­le wahr und inter­pre­tie­ren es ent­spre­chend. Damit ist jede Beschrei­bung eines Bilds abhän­gig von der beschrei­ben­den Person.

Bil­der sind somit für sym­bo­li­sche Inter­pre­ta­tio­nen offen, wel­che über das objek­tiv Sicht­ba­re hin­aus ver­wei­sen. Sie erzeu­gen einen Sinn­über­schuss, der sich sprach­lich nicht voll­stän­dig fas­sen lässt. Das gilt glei­cher­ma­ßen für Fil­me wie für Einzelaufnahmen.

Bilder werden schneller und direkter erfasst

Unser Gehirn nimmt ein Bild und sei­ne Details in der unfass­ba­ren Geschwin­dig­keit von 70 bis 150 Mil­li­se­kun­den auf (Gegen­furt­ner, Wal­ter, Braun 2002). Zudem erin­nern wir Bil­der beson­ders ein­fach. Allan Pai­vio for­mu­lier­te 1971 die dual-coding theo­ry. Er hat­te in Expe­ri­men­ten den sog. pic­tu­re supe­rio­ri­ty effect beob­ach­tet, wonach Bil­der leich­ter erin­nert wer­den als Wör­ter. Sei­ne dual-coding theo­ry besagt, dass Bil­der kon­kre­ter Din­ge men­tal sowohl visu­ell als auch ver­bal codiert und in der Fol­ge leich­ter erin­nert wer­den. Wor­te hin­ge­gen sei­en ledig­lich ver­bal codiert (Wiki­pe­dia 2020). 

Die Erfas­sung und Inter­pre­ta­ti­on von Schrift­spra­che, das Lesen, ist gegen­über dem Erken­nen eines Bil­des für das Gehirn ein wesent­lich auf­wen­di­ge­rer kogni­ti­ver Pro­zess. Es ist kei­ne natür­li­che, son­dern eine kul­tu­rel­le und erlern­te Fer­tig­keit. Zunächst müs­sen Gra­feme erkannt und zu Wor­ten geformt wer­den. Erst dann wer­den sie inhalt­lich ana­ly­siert und mit gespei­cher­tem Wis­sen abge­gli­chen (Sin­ger und Mül­ler-Jung 2018).

Wenn es also um die Kom­mu­ni­ka­ti­on von kon­kre­ten Din­gen geht, gelingt dies mit Bil­dern bzw. im Zusam­men­spiel mit Bil­dern bes­ser. Intel­lek­tu­ell dif­fe­ren­zier­te Kon­zep­te und Zusam­men­hän­ge hin­ge­gen, z.B. phi­lo­so­phi­sche Ideen, sind auf ver­ba­le Aus­drucks­for­men angewiesen.

Bilder wecken Emotionen

Bil­der von Per­so­nen und ande­ren Lebe­we­sen spre­chen Spie­gel­neu­ro­nen an und damit auf unbe­wuss­te Wei­se unser Emp­fin­den. „Spie­gel­neu­ro­nen sind ein Reso­nanz­sys­tem im Gehirn, das Gefüh­le und Stim­mun­gen ande­rer Men­schen beim Emp­fän­ger zum Erklin­gen bringt. […] Wir wer­den mit dem Gefühl des ande­ren ‚ange­steckt‘, das heißt unse­re Spie­gel­neu­ro­nen reagie­ren nicht nur, wenn wir selbst Leid, Schmerz oder Freu­de erfah­ren, son­dern die­se Ner­ven­zel­len wer­den auch dann aktiv, wenn wir die­se Emp­fin­dun­gen bei jemand ande­rem wahr­neh­men.“ Spie­gel­neu­ro­nen wer­den daher in Zusam­men­hang mit der Fähig­keit zur Empa­thie gebracht (Kauf­mann 2018).

Das alles zusam­men­ge­nom­men erklärt, wes­halb Bil­der und visu­el­le Ein­drü­cke wirk­mäch­ti­ger sind als Schrift oder Ton. Sie trans­por­tie­ren nicht nur ver­dich­te­te Infor­ma­tio­nen, son­dern spre­chen unse­re Emo­tio­nen unmit­tel­bar an.

Im visuellen Zeitalter

Wäh­rend die­se kogni­ti­ven Vor­gän­ge grund­sätz­lich zur mensch­li­chen Grund­aus­stat­tung gehö­ren, haben sich die kul­tu­rel­len Fähig­kei­ten der Bil­der­zeu­gung und ‑ver­brei­tung in den letz­ten Jahr­zehn­ten dra­ma­tisch ver­än­dert. Wir befin­den uns im visu­el­len Zeit­al­ter, das der His­to­ri­ker Ger­hard Paul bereits mit der Erfin­dung der Foto­gra­fie und des Films begin­nen lässt (Paul 2016, 10). Mit der Digi­ta­li­sie­rung erreicht es sei­nen aktu­el­len Höhe­punkt. Bil­der sind prak­tisch für jeden welt­weit ver­füg­bar und teil­bar gewor­den (Paul und Gram­pes 2016).

Nun ist es nicht so, dass Bil­der Tex­te im visu­el­len Zeit­al­ter voll­kom­men abge­löst hät­ten. Jedoch haben sie die Vor­rang­po­si­ti­on in der Kom­mu­ni­ka­ti­on über­nom­men und sind zum all­täg­li­chen Leit­me­di­um gewor­den (Paul 2016, 10). „Das Guten­berg­zeit­al­ter“ (McLuhan) ist zuen­de. Es mag para­dox anmu­ten, doch in der digi­ta­len Bil­der­flut hat etwa das Foto auf Insta­gram die Ver­gäng­lich­keit über­nom­men, die bis­lang nur dem gespro­che­nen Wort eigen war. So schnell es gepos­tet wird, ist es wie­der unter all den neu­en Auf­nah­men unsicht­bar gewor­den (van den Berg, Söff­ner und Paul 2020).

Sicht­bar­keit ist die har­te Wäh­rung in der Auf­merk­sam­keits­ge­sell­schaft. Und das trifft glei­cher­ma­ßen für Indi­vi­du­en wie Orga­ni­sa­tio­nen zu. Für den visu­al man – den moder­nen Bil­der­men­schen – ist nach Ger­hard Paul die eigent­li­che Rea­li­tät die sicht­ba­re, wenn­gleich es wei­ter­hin eine außer­pik­to­ra­le Wirk­lich­keit gibt (Paul 2016, 743). Der visu­al man bewegt sich in der Welt des Visu­el­len mit immer grö­ße­rer Selbst­ver­ständ­lich­keit, trifft dort Ent­schei­dun­gen, kom­mu­ni­ziert, ori­en­tiert sich und drückt sich dort als Pro­du­zent von Bil­dern aus (Paul 2016, 741). 

COVID-19 – Treiber für das Video im Fundraising

Ein Bild sagt mehr als 1.000 Wor­te.“ Die­se Fund­rai­sing- und Mar­ke­ting­weis­heit wird – falls man das so sagen mag – immer wah­rer. Eigent­lich müss­te man sogar for­mu­lie­ren: „Ein Video sagt mehr als 7 Mil­lio­nen Wor­te.“ [1]

Denn nach­dem es zunächst für jeden Men­schen mög­lich wur­de, digi­ta­le Fotos in allen Lebens­la­gen zu erstel­len und welt­weit zu ver­brei­ten, ist dies inzwi­schen mit Vide­os glei­cher­ma­ßen mög­lich. „Unter den drei täg­li­chen Nut­zungs­dau­ern für Video, Audio und Text liegt das Sehen von Vide­os (55 Minu­ten) knapp vor dem Hören von Audi­os (51 Minu­ten) und deut­lich vor dem Lesen von Tex­ten (17 Minu­ten).“ Die­ses Ergeb­nis der ARD/ZDF-Online­stu­die 2020 über­rascht eigent­lich nicht mehr (ARD/ZDF-For­schungs­kom­mis­si­on 2020).

Die Coro­na-Epi­de­mie hat die­se Ent­wick­lung sicher­lich ver­stärkt und beschleu­nigt. In Erman­ge­lung von per­sön­li­chen Kon­tak­ten erleb­ten Video­kon­fe­ren­zen, Web­i­na­re und Live­streams ein bis dahin nicht gekann­tes Wachs­tum. In der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Spender:innen wur­de Video wäh­rend der Epi­de­mie zuneh­mend ein­ge­setzt.

Vor Weih­nach­ten tausch­te ich mich per Video­kon­fe­renz mit Kolleg:Innen dar­über aus, wie die Pan­de­mie unse­re Arbeit ver­än­dert hat. Immer wie­der wur­den Video­for­ma­te genannt. Da gab es cross­me­dia­le Absa­gen zu Som­mer­fes­ten in Form von Direct Mai­lings mit ver­link­ten Video­an­spra­chen. Es gab vir­tu­el­le Liv­e­füh­run­gen durch Ein­rich­tun­gen, Online-Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen mit Spender:innen. Ande­re erzähl­ten von Video­clips über Pro­jek­te, die an aktu­el­le oder poten­ti­el­le Unterstützer:innen ver­schickt wurden.

Video ist ins Fundraising gekommen, um zu bleiben

Einig waren wir uns, dass die per­sön­li­che Begeg­nung durch nichts zu erset­zen ist. Besu­che, Tage der offe­nen Türen, Spen­der­es­sen etc. wer­den wir – wenn es wie­der mög­lich ist – wei­ter­hin ver­an­stal­ten. Einig waren wir uns aber auch, dass Video aus der Spen­der­kom­mu­ni­ka­ti­on nicht mehr weg­zu­den­ken ist. Die Coro­na-Pan­de­mie hat die Gewöh­nung an die­ses Medi­um beschleu­nigt und sei­ne spe­zi­fi­schen Vor­tei­le ver­deut­licht. Video ver­setzt die Betrachter:innen wirk­sa­mer in die Situa­tio­nen, die wir gemein­sam ange­hen wol­len. Es macht den Kon­takt zu uns Akteu­ren in den Orga­ni­sa­tio­nen leben­di­ger und per­sön­li­cher. Es ent­spricht den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­wohn­hei­ten gegen­wär­ti­ger Gene­ra­tio­nen. Mit Video kom­mu­ni­zie­ren wir deut­lich bes­ser als allein mit gedruck­ten Worten. 

 

 


Anmerkungen

[1] Hin­ter die­ser gro­ßen Zahl steht fol­gen­de Rech­nung: Ein Video von 4 Minu­ten mit einer Frame­ra­te von 30 fps besteht aus 30x60x4 also 7.200 Bil­dern. Wenn nun jedes Bild mit 1.000 Wor­ten auf­ge­wo­gen wird, kommt man auf 7,2 Mio.

Bilder

Titel­bild: “Eye-ris” by Zach Disch­ner is licen­sed under CC BY 2.0

Video: “Video­bro­schü­re für Groß­spen­der vom UNHCR” Sebas­ti­an Carp 2019

Quellen

ARD/ZDF-For­schungs­kom­mis­si­on. 2020. „Key Facts der ARD/ZDF-Online­stu­die“. ARD/ZDF-Online­stu­die. 2020. https://www.ard-zdf-onlinestudie.de/ardzdf-onlinestudie/infografik/.

Berg, Karen van den, Jan Söff­ner, und Sebas­ti­an Paul. 2020. „zu|Daily — Wohin treibt uns die Bil­der­flut?“ zu-daily.com. 4. Febru­ar 2020. https://www.zu-daily.de/daily/tiefenbohrung/2020/02–04_van-den-berg-soeffner-wohin-treibt-uns-die-bilderflut.php.

Evan­ge­li­sche Lan­des­kir­che in Baden. 2019. Gemein­sam statt ein­sam — Im Dia­ko­nie­Punkt Kon­kor­dien. https://www.youtube.com/watch?v=26rsgqXaXng.

———. 2020. Klei­ne mit gro­ßen Ideen | Kita Kie­sel­grund in Mann­heim. https://www.youtube.com/watch?v=5UinDKR2C7s.

Früh­beis, Xaver. 2017. „8. Dezem­ber 1921: ‚Ein Blick sagt mehr als 1000 Wor­te‘“. 8. Dezem­ber 2017. https://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/kalenderblatt/0812-ein-blick-sagt-mehr-als-1000-worte-102.html.

Gegen­furt­ner, Karl R., Sebas­ti­an Wal­ter, und Doris I. Braun. 2002. „Visu­el­le Ver­ar­bei­tung im Gehirn“. 2002. http://www.allpsych.uni-giessen.de/karl/teach/aka.htm.

Kauf­mann, Sabi­ne. 2018. „For­schung: Spie­gel­neu­ro­nen“. www.planet-wissen.de. 28. August 2018. https://www.planet-wissen.de/natur/forschung/spiegelneuronen/index.html.

Paul, Ger­hard. 2016. Das visu­el­le Zeit­al­ter. Punkt und Pixel. Bd. 1. Visu­al Histo­ry: Bil­der und Bild­pra­xen in der Geschich­te. Göt­tin­gen: Wall­stein Verlag.

Paul, Ger­hard, und Timo Gram­pes. 2016. „Visu­el­les Zeit­al­ter — Leben in der Dik­ta­tur des Sicht­ba­ren“. Deutsch­land­funk Kul­tur. 30. März 2016. https://www.deutschlandfunkkultur.de/visuelles-zeitalter-leben-in-der-diktatur-des-sichtbaren.2156.de.html?dram:article_id=349722.

Sin­ger, Wolf, und Joa­chim Mül­ler-Jung. 2018. „Was pas­siert, wenn wir das rich­ti­ge Lesen ver­ler­nen?“ FAZ.NET, 13. Okto­ber 2018. https://www.faz.net/1.5833090.

Wiki­pe­dia. 2020. „Pic­tu­re Supe­rio­ri­ty Effect“. In Wiki­pe­dia. https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Picture_superiority_effect&oldid=993101773.

 

 

“Tu Gutes und sprich darüber.” (Fundraising-Weisheit #9)

Ein weit­hin bekann­tes Sprich­wort, das oft aus fal­scher Zurück­hal­tung miss­ver­stan­den wird. Es geht nicht allein um Sicht­bar­keit, son­dern um die Bezie­hung zwi­schen Orga­ni­sa­tio­nen und ihrer Umwelt. 

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Was für ein Miss­ver­ständ­nis:Die­ses ‚Tue Gutes und sprich dar­über‘ ist der pro­tes­tan­ti­schen See­le struk­tu­rell fremd. Als Pro­tes­tan­tin arbei­te man viel, habe dabei aber „[…] so ’ne eine Grund­de­mut, so ’ne Grund­be­schei­den­heit und las­se das nicht so raus­hän­gen.“ Das sag­te Anne Gideon, die Rek­to­rin des Pas­to­ral­kol­legs der Nord­kir­che und Pfar­re­rin, bei einem Streit­ge­spräch im Deutsch­land­funk mit dem Poli­tik- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­ter Erik Flüg­ge am 31.10.2020 [Deutsch­land­funk 2020] .

Erik Flüg­ge hat­te dar­um gewor­ben, die Kir­chen und ihre Insti­tu­tio­nen für die Gesell­schaft erkenn­ba­rer zu machen. Heri­bert Prantl kri­ti­sier­te in der Süd­deut­schen Zei­tung vom 7. August 2020 harsch die Kir­chen [Prantl 2020]. Sie hät­ten sich in der Coro­na­kri­se zurück­ge­zo­gen und ver­sagt. Flüg­ge fol­ger­te dar­aus, dass Kir­che, Cari­tas und Dia­ko­nie wesent­lich offen­si­ver und wirk­sa­mer kom­mu­ni­zie­ren müss­ten. Prantls Vor­wür­fe waren bei nähe­rem Hin­se­hen voll­kom­men über­zo­gen und falsch.

Tod­sün­de vs. Kardinaltugend?

Die­se Zurück­hal­tung in Sachen PR-Arbeit ist kei­nes­wegs nobel son­dern ein­fach grund­falsch. Und das ist eine Ein­stel­lung, der man auch bei ande­ren — welt­li­chen — Orga­ni­sa­tio­nen begeg­nen kann. PR-Arbeit, Wer­bung für die eige­ne Sache, erscheint als uneh­ren­haf­tes weil eit­les Geschäft. Da wird die pro­fes­sio­nel­le Selbst­dar­stel­lung in die Nähe der super­bia, des Hoch­muts gerückt — eine der sie­ben Tod­sün­den. Und die­ser Gefahr begeg­net man mit demons­tra­ti­ven Übun­gen in tem­pe­ran­tia, der Kar­di­nal­tu­gend der Mäßi­gung. Wer­bung ist ein unmo­ra­li­sches Han­deln, vor dem man sich hüten muss.

Ich! Ich! Ich?

Und sind die Aus­wüch­se unse­rer hedo­nis­ti­schen Auf­merk­sam­keits­öko­no­mie im Inter­net, in der stän­dig „Ich! Ich! Ich!“ geru­fen wer­den muss, nicht die bes­ten Bele­ge für die­se Ein­schät­zung? Als NPO ist man idea­lis­tisch bewegt. Die Orga­ni­sa­ti­on will die Welt ver­bes­sern und für ande­re da sein. So gepolt gerät man schein­bar zwangs­läu­fig mit Metho­den der PR- und Fund­rai­sin­g­ar­beit in ethi­sche oder mora­li­sche Kon­flik­te. Denn ganz ohne Wer­bung in eige­ner Sache geht es dann doch nicht. Anne Gideon bezeich­ne­te den „Wer­ber“ in dem o.g. Gespräch gar als „Rei­se­gei­sel“ und als jeman­den, „der uns im Pelz“ sitzt. Wenig schmei­chel­haf­te Meta­phern, wel­che illus­trie­ren, wie unge­wollt und gleich­zei­tig doch not­wen­dig PR-Arbeit und Mar­ke­ting sind.

Es geht um die Sache

Die­se mora­li­sche Abwer­tung von Wer­bung und PR sowie die damit ver­bun­de­nen Befürch­tun­gen sind unnö­tig. Sie sind sogar falsch. Denn wie bei so vie­len Din­gen kommt es auch hier auf die per­sön­li­che Hal­tung an. Bei der Wer­bung im All­ge­mei­nen und bei der Spen­den­wer­bung im Beson­de­ren geht es gera­de nicht dar­um, ein­zel­ne Per­so­nen ins Ram­pen­licht zu stel­len und sie eitel bewun­dern zu las­sen. Es geht viel­mehr um „die Sache“, die Wer­te, die Ideen und Zie­le, für die sich die Orga­ni­sa­ti­on ein­setzt. Dafür und für die Orga­ni­sa­ti­on als Ver­kör­pe­rung, als pro­ba­tes Mit­tel der Durch­set­zung die­ser Wer­te, Ideen und Zie­le soll gewor­ben werden.

Wer­bung um Vertrauen

Georg-Volk­mar Graf von Zedt­witz-Arnim (1925–1993) gab sei­nem 1961 her­aus­ge­ge­be­nen Hand­buch der Public Rela­ti­ons für die Wirt­schaft den Titel „Tu Gutes und rede dar­über“ [Zedt­witz-Arnim 1961]. Die­se Weis­heit wird meist dem kom­mu­nis­ti­schen Poli­ti­ker Wal­ter Fisch (1910–1966) zuge­rech­net. Das Buch von Graf von Zedt­witz-Arnim ist ein maß­ge­ben­der Klas­si­ker der PR-Arbeit in Deutsch­land gewor­den. Er defi­niert PR-Arbeit dort als „Ver­trau­ens­wer­bung“ einer Orga­ni­sa­ti­on und grenzt die­se von der Absatz­wer­bung und dem Mar­ke­ting ab. Unter letz­te­rer muss man im Non­pro­fit­be­reich auch das Fund­rai­sing im eigent­li­chen Sin­ne verstehen.

Ziel der Public Rela­ti­ons ist die Schaf­fung eines Kli­mas der Sym­pa­thie in der gesam­ten Umwelt des Unter­neh­mens.“ [S.49] Wobei Mar­ke­ting bzw. Fund­rai­sing und PR-Arbeit immer abge­stimmt Hand-in-Hand gehen sol­len. Denn – ich über­tra­ge von Zedwitz-Arnims Gedan­ken in den Non­pro­fit­be­reich – es bringt einer Orga­ni­sa­ti­on auf Dau­er nichts, heh­re Orga­ni­sa­ti­ons­zie­le zu haben und fach­lich gute Arbeit zu leis­ten, wenn das nicht in ihrer Umwelt bekannt ist. Das „es bringt nichts“ ist in die­sem Zusam­men­hang durch­aus wört­lich zu ver­ste­hen. Bleibt die Arbeit unbe­kannt, blei­ben auch die Mit­tel und Unterstützer:innen aus.

Das gilt im Non­pro­fit­be­reich kon­se­quen­ter als bei kom­mer­zi­el­len Pro­jek­ten. Denn im NPO-Bereich sind die Nutznießer:innen der Arbeit oft nicht iden­tisch mit der Grup­pe der Finan­ziers. Anders ist das im Pro­fit­be­reich, wo die Kun­din­nen für die von ihnen selbst nach­ge­frag­ten Leis­tun­gen bezah­len. Das bedeu­tet, dass eine NPO ihr Han­deln meist zeit­gleich in unter­schied­li­che Rich­tun­gen auf unter­schied­li­che Arten kom­mu­ni­zie­ren muss.

Gute Arbeit sicht­bar machen

Ich ler­ne bei mei­nen Bera­tun­gen immer wie­der Pro­jek­te ken­nen, wo ich schnell von den Zie­len und Absich­ten über­zeugt bin. Die Mitarbeiter:innen machen gute Arbeit. Und des­we­gen sind sie oft gekränkt, dass ihnen zu wenig Mit­tel zur Ver­fü­gung ste­hen. Meist hat es damit zu tun, dass die Orga­ni­sa­ti­on zu unsicht­bar in der Öffent­lich­keit und gegen­über den rele­van­ten Geber:innengruppen ist. Sie kom­mu­ni­ziert ihre Arbeit zu wenig und zu unsystematisch.

Des­we­gen ist eine der Haupt­stra­te­gien bei der Erstel­lung von Fund­rai­sin­g­kon­zep­ten die Stei­ge­rung der Sicht­bar­keit der Arbeit einer Orga­ni­sa­ti­on in ihrer Umwelt und gegen­über ihren Anspruchs­grup­pen. Tu Gutes und rede dar­über. Und wenn man von Zedt­witz-Arnims Ansatz ernst nimmt, dann geht es um weit mehr als die Sicht­bar­keit. Es geht dar­um, dass die Umwelt und die Anspruchs­grup­pen Ver­trau­en zu der Orga­ni­sa­ti­on auf­bau­en. Sie sol­len davon über­zeugt sein, dass das, was sie macht, gut und rich­tig ist.

Ver­trau­en ist ein Bezie­hungs­be­griff. Von Zedt­witz-Arnim nimmt damit das Kon­zept der Public Rela­ti­ons wört­lich. Die Orga­ni­sa­tio­nen sol­len in einen akti­ven Aus­tausch, einen Dia­log, mit ihrer Umwelt kom­men. Und das ent­spricht den Auf­trä­gen der meis­ten NPOs, deren Enga­ge­ments dem Gemein­we­sen gel­ten. Ver­trau­en ist die Grund­la­ge für eine dau­er­haf­te Bezie­hung zu Spender:innen.

Viel­leicht ist genau die­ser Dia­log das, was eini­ge Akteu­re in Orga­ni­sa­tio­nen fürch­ten oder ver­un­si­chert. Denn im Aus­tausch mit den Anspruchs­grup­pen und der Umwelt wird die eige­ne Arbeit auf den Prüf­stand gestellt, wer­den Vor­ge­hen und Stra­te­gien von außen hin­ter­fragt. Es bedarf Selbst­be­wusst­seins, Aus­kunfts­fä­hig­keit und Offen­heit sei­tens der Orga­ni­sa­ti­on für die­sen Dia­log. Dann jedoch gelingt die­se Vertrauenswerbung.

Zeit­lo­se Weisheit

„Tu Gutes und sprich dar­über.“ Die­se Weis­heit ist von zeit­lo­ser Aktua­li­tät. Stel­len Orga­ni­sa­tio­nen aus wel­chen Grün­den auch immer ihr Licht unter den Schef­fel, wer­den sie ihr Unterstützer:innenpotential nur zu einem Bruch­teil heben. Und das nicht nur, weil ihr Tun im tech­ni­schen Sin­ne weit­hin unsicht­bar bleibt. Sie ver­sa­gen auch dar­in, Bezie­hun­gen zu den Men­schen und Insti­tu­tio­nen auf­zu­bau­en, wel­che die Zie­le und Visio­nen tei­len. Public Rela­ti­ons-Arbeit ist eine wesent­li­che Auf­ga­be einer jeden Orga­ni­sa­ti­on, um ihren Auf­trag zu erfül­len. Tut sie das sys­te­ma­tisch, wird sie auch im Fund­rai­sing Erfolg haben.

 

Bild: von­delft by pixabay.com (Ver­ein­fach­te Pix­a­bay Lizenz)

Quellen

“1. Weihnachten 2. Weihnachten 3. Weihnachten” (Fundraising-Weisheit #8)

Die Zeit vor Weih­nach­ten ist Spen­den­hoch­sai­son. Kaum eine Orga­ni­sa­ti­on kann es sich leis­ten, hier kei­ne Spen­den­kam­pa­gne zu fah­ren. Doch war­um ist das so? Und war das immer schon so?

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Ein alter Fund­rai­sin­g­kalau­er geht so:

“Fra­ge: Wel­ches sind die drei bes­ten Zeit­punk­te im Jahr für eine Spendenbriefaktion?

Ant­wort:  1. Weih­nach­ten 2. Weih­nach­ten 3. Weihnachten”

Weis­hei­ten sind Erfah­rungs­wis­sen. Und die­se Fund­rai­sin­g­weis­heit ist von Erfah­rung gesät­tigt. Ein Blick auf die ein­schlä­gi­gen Ergeb­nis­se der Bilanz des Hel­fens 2019 (Deut­scher Spen­den­rat e.V. 2019, S.11) ver­deut­li­chen das. Gut 31% des dort erho­be­nen jähr­li­chen Spen­den­auf­kom­mens  von Pri­vat­per­so­nen [1] wer­den dem­nach in den Mona­ten Novem­ber und Dezem­ber (davon: 20,5%) ein­ge­nom­men.
Bei den Ein­zel­han­dels­um­sät­zen ist es ähn­lich. Hier wer­den im Ein­zel­han­del 19% des Jah­res­um­sat­zes in den letz­ten zwei Mona­ten gemacht (desta­tis 2019).

Doch war­um ist das so? Und war das immer schon so? Wir dür­fen davon aus­ge­hen, dass es sich um erlern­tes  und tra­dier­tes Ver­hal­ten han­delt. Ein Ver­hal­ten, das sicher­lich wie­der ver­än­dert wer­den kann. Aktu­ell kön­nen wir beob­ach­ten, wie sich im Han­del durch das Bewer­ben von Shop­ping­ta­gen wie dem Black Fri­day und dem Cyper­mon­day die Umsät­ze vom Dezem­ber in den Novem­ber vor­ver­la­gern (Schä­fer 2019).

Im Wind­schat­ten die­ser Ent­wick­lung wird ver­sucht, den Giving Tues­day als neu­en Spen­den­ter­min zu eta­blie­ren. Die­se Akti­ons­ta­ge kom­men aus Nord­ame­ri­ka und ste­hen zeit­lich und kul­tu­rell im Zusam­men­hang mit dem dor­ti­gen Thanksgiving-Fest.

Was das Spen­den am Weih­nachts­fest in Deutsch­land angeht, bin ich bei mei­ner Suche im wesent­li­chen auf fol­gen­de Aspek­te gestoßen.

Weihnachten ist das Fest der Gabe

Das The­ma Gabe und Geschenk ist wesent­li­cher Inhalt des Weih­nachts­fests. An Weih­nach­ten fei­ert die Chris­ten­heit, dass Gott Mensch wur­de, er der Welt sei­nen Sohn, Jesus Chris­tus, geschenkt hat. Dem neu­ge­bo­re­nen Kind wer­den gemäß dem Mat­thä­us­evan­ge­li­um (Mt 2,11) Gold, Weih­rauch und Myr­rhe von den drei Wei­sen aus dem Mor­gen­land geschenkt.

Vir­gin and Child, from an Ado­ra­ti­on Group, ca. 1515–20, The Metro­po­li­tan Muse­um of Art, New York

Der Sozio­lo­ge Hel­muth Ber­king erläu­tert mit Ver­weis auf Fried­rich Gedike, dass erst ab 336 n.Chr. das Weih­nachts­fest kirch­li­cher­seits gefei­ert wur­de. Es wur­de auf den 25.12. gelegt, das Datum des römi­schen Fes­tes der Win­ter­son­nen­wen­de, des Fes­tes des sol invic­tus. Auch hier­bei gab es die Tra­di­ti­on des Beschen­kens. Die Kin­der wer­den an Weih­nach­ten par­al­lel zum Jesus­kind beschenkt (Ber­king 1996, 35f.).

Wäh­rend im 16. Jahr­hun­dert durch die Refor­ma­ti­on das Christ­kind als Geschen­ke brin­gen­de Per­son ein­ge­führt wur­de, mutier­te katho­li­scher­seits Niko­laus bis zum 19. Jahr­hun­dert zum schen­ken­den Weih­nachts­mann (Ber­king 1996, 36.).

Mit dem seit dem 19. und Anfang des 20. Jahr­hun­derts nun weit ver­brei­te­ten Schen­ken an Weih­nach­ten ging das Geben von Almo­sen an Bedürf­ti­ge ein­her. Damit sind  ver­schie­de­ne Moti­ve ver­bun­den. In den Fami­li­en geht es  um die regel­mä­ßi­ge Erneue­rung bzw. Siche­rung des sozia­len Zusam­men­halts. Gegen­über Armen spielt ange­sichts der eige­nen pri­vi­le­gier­ten sozia­len Situa­ti­on, wel­che als Frucht gött­li­cher Gna­de emp­fun­den wird, der Gedan­ke des Aus­gleichs eine Rol­le (West­hoff u. West­hoff 2013).

Weih­nachts­ge­schen­ke und Spen­den an Weih­nach­ten sind so etwas wie Geschwis­ter. Sie sind z.T. aus den glei­chen Gedan­ken geboren.

Es geht um spi­ri­tu­el­le Dank­bar­keit und sozia­len Zusam­men­halt. Bei aller berech­tig­ter Kri­tik am Kon­su­me­ris­mus scheint die Ver­mu­tung nicht weit her­ge­holt zu sein, dass es ohne den Weih­nachts­kon­sum kei­ne Weih­nachts­spen­den gäbe.

Jahresende ist Bilanzzeit

Das Schen­ken und Spen­den am Jah­res­en­de rund um die Win­ter­son­nen­wen­de und den 6. Janu­ar hat seit lan­ger Zeit eine reli­giö­se Grun­die­rung. Zugleich war und ist das Jah­res­en­de bis heu­te der Zeit­raum, an dem per­sön­lich und im Geschäfts­le­ben Bilanz gezo­gen wird. So war es bereits wäh­rend der römi­schen Fest­zeit der Satur­na­li­en, in wel­che das o.g. Fest des sol invic­tus am 25.12. fiel. Hier wur­de nach Abschluss der Win­ter­aus­saat das Ende des land­wirt­schaft­li­chen Jah­res gefei­ert (Wiki­pe­dia 2019). Und auch die isla­mi­sche Zakat, die sog. Armen­steu­er, wird am Ende des (isla­mi­schen Mond-) Jah­res fäl­lig und sorgt für eine Ver­tei­lung des Erfolgs in Form von Almo­sen für die Armen (Isla­mic Reli­ef Deutsch­land 2020).

Schen­ken und Spen­den am Ende des Jah­res schei­nen somit kul­tur­über­grei­fend die Funk­ti­on zu haben, den Über­schuss eines Jah­res zum Zwe­cke des sozia­len Zusam­men­halts zu ver­tei­len, sei es in der unmit­tel­bar nahen Fami­lie, sei es in fer­ne­ren Zusam­men­hän­gen und im Gemeinwesen.

Seit Ende der 50er Jahre: Weihnachten als Spendenhochzeit

Dass es im Novem­ber und Dezem­ber die bekann­te “Mai­ling­flut” gibt, auf die sich unse­re Fund­rai­sing-Weis­heit ja bezieht, hat viel mit den wirt­schaft­li­chen, recht­li­chen und tech­ni­schen Ent­wick­lun­gen ab Ende der 50er Jah­re zu tun.

Eröff­nung von Brot für die Welt 1959 (Von “Brot für die Welt” by CC BY-SA)

Am 12. Dezem­ber 1959, mit­ten im deut­schen Wirt­schafts­wun­der, star­te­te die ers­te Sam­mel­ak­ti­on von Brot für die Welt. Inspi­riert von der Anfang 1958 erfolg­rei­chen ers­ten Samm­lung des katho­li­schen Hilfs­werk Mise­re­or soll­te Brot für die Welt als ein­ma­li­ge Maß­nah­me anläss­lich einer aku­ten Hun­gers­not in Indi­en durch­ge­führt wer­den. Auf­grund der enor­men Reso­nanz wur­de dar­aus eine jähr­lich im Dezem­ber wie­der­hol­te Kam­pa­gne (Brot für die Welt 2018, 4).

Ich muss hier offen las­sen, ob die­se Akti­on von Brot für die Welt his­to­risch gese­hen tat­säch­lich den Beginn der moder­nen deutsch­land­wei­ten Weih­nachts­spen­den­ak­tio­nen mar­kiert. Adve­ni­at folg­te zwei Jah­re spä­ter. Auch die Samm­lun­gen des Kin­der­mis­si­ons­werks “Die Stern­sin­ger” star­te­ten 1959 (Wiki­pe­dia 2020).

Klar ist, dass Ende der 50er und Anfang der 60er Jah­re die Weih­nachts­zeit durch die­se kirch­li­chen Aktio­nen deut­lich als Spen­den­kam­pa­gnen­zeit­raum ent­wi­ckelt wurde.

1966: Altes Sammlungsgesetz wird vom BVG gekippt

Ende der 50er Jah­re bis 1966 waren Spen­den­brief­ak­tio­nen meist durch staat­li­che Behör­den zu geneh­mi­gen. Aus­ge­nom­men von die­ser Vor­schrift waren Mit­glie­der­or­ga­ni­sa­tio­nen, also auch die Kir­chen, die bei ihren Mit­glie­dern um Spen­den baten (Lin­gel­bach 2009, 163f.). Die­se hat­ten den Vor­teil von umfang­rei­chen Mit­glie­der­kar­tei­en und einer flä­chen­de­cken­den Orga­ni­sa­ti­on. Die Spen­den­auf­ru­fe wur­den auf Gemein­de­ebe­ne über die Gemein­de­brie­fe samt Sam­mel­tü­ten in alle Haus­hal­te ver­teilt (Lin­gel­bach 2009, 161f.).

Die­se Spen­den­brie­fe waren man­gels tech­ni­scher Mög­lich­kei­ten jener Zeit unper­so­na­li­siert. Gabrie­le Lin­gel­bach weist in ihrer Geschich­te des west­deut­schen Spen­den­markts dar­auf hin, dass etwa­ige Por­to­kos­ten für Mas­sen­mai­lings sei­ner­zeit nur von gro­ßen Orga­ni­sa­tio­nen getra­gen wer­den konn­ten.  Allein Unter­neh­mer, nament­lich bekann­te ver­mö­gen­de Per­so­nen und Spen­der sowie Fir­men und Ban­ken erhiel­ten per­sön­lich adres­sier­te Brie­fe (Lin­gel­bach 2009, 163).

Am 3. Mai 1966 erklär­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt das Samm­lungs­ge­setz von 1934 für ver­fas­sungs­wid­rig und nich­tig, weil es dem Wesen nach tota­li­tär war. Damit ent­fiel von einem auf den ande­ren Tag der Geneh­mi­gungs­vor­be­halt des Staa­tes für bestimm­te Samm­lungs­for­men, d.h. auch für den Spen­den­brief. Allein Bay­ern und Nord­rhein-West­fa­len hat­ten vor­sorg­lich eige­ne Lan­des­ge­set­ze geschaf­fen (Lin­gel­bach 2009, 251f.). Recht­lich war damit der Weg für (auch weih­nacht­li­che) Mas­sen­mai­lings durch alle mög­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen geebnet.

70er/80er: Datenbanken, PCs und Laserdrucker

Tech­nisch wur­den Mas­sen­mai­lings durch die Fort­schrit­te in der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie immer leich­ter rea­li­sier­bar. Ab Ende der 1960er Jah­re pro­fes­sio­na­li­sier­te sich das Adress­bro­king in Deutsch­land, was die ziel­ge­naue­re Ver­brei­tung von (unper­so­na­li­sier­ten) Post­wurf­sen­dun­gen ermög­lich­te (Lin­gel­bach 2009, 318f.).

Apple II (Von Rama & Musée Bolo, modi­fied by Neon­Ze­ro, CC BY-SA 2.0 fr)

Zur glei­chen Zeit, d.h. um 1970, wur­den die ers­ten rela­tio­na­len Daten­bank­sys­te­me ent­wi­ckelt (1&1 IONOS SE 2019), wovon das Adress­ma­nage­ment pro­fi­tiert hat. Mit dem Auf­kom­men der Per­so­nal Com­pu­ter ab 1977 (Apple II) bzw. 1982 (IBM PC) (Wiki­pe­dia 2020a) konn­ten die sam­meln­den Orga­ni­sa­tio­nen Adress- und Spen­der­da­ten selb­stän­dig elek­tro­nisch verarbeiten.

Die etwa zeit­glei­che Ein­füh­rung kom­mer­zi­el­ler Laser­dru­cker (Hol­land 2011, S.3) (1976: IBM 3800, 1977: Xerox 9700) ermög­lich­te in der Fol­ge die mas­sen­wei­se  Per­so­na­li­sie­rung von Spen­den­brie­fen. Die­se Inno­va­ti­on gab dem gesam­ten Direkt­mar­ke­ting einen enor­men Auf­schwung. Das gol­de­ne Zeit­al­ter des Spen­den­mai­lings hat­te begon­nen. Fort­an konn­ten zu Weih­nach­ten mas­sen­wei­se und zuneh­mend güns­tig Spen­den­brie­fe ver­schickt werden.

Fazit

Spen­den an Weih­nach­ten sind im Prin­zip Weih­nachts­ge­schen­ke. Seit Weih­nach­ten gefei­ert wird, wer­den wohl anläss­lich die­ses Fes­tes Almo­sen gege­ben. Die­se Tra­di­ti­on ist alt, und sie ist in Tei­len älter als das Fest selbst. Doch dass Weih­nach­ten in Deutsch­land zur Haupt­spen­den­zeit pri­va­ter Haus­hal­te  wur­de, scheint — soweit man das ohne Ver­gleichs­zah­len aus den Jahr­zehn­ten und Jahr­hun­der­ten davor sagen kann — ein recht jun­ger Umstand zu sein. Die Kam­pa­gnen kirch­li­cher Hilfs­wer­ke in der Wirt­schafts­wun­der­zeit haben Weih­nach­ten zur bevor­zug­ten Spen­den­zeit gemacht, bis heute.

Anmerkungen und Quellen

[1] “Nicht ent­hal­ten sind Erb­schaf­ten und Unter­neh­mens­spen­den, Spen­den an poli­ti­sche Par­tei­en und Orga­ni­sa­tio­nen und gericht­lich ver­an­lass­te Geld­zu­wen­dun­gen, Stif­tungs­neu­grün­dun­gen und Groß­spen­den über 2.500 €.” (Deut­scher Spen­den­rat e.V. 2019, S.4).

(1&1 IONOS SE. 2019) 1&1 IONOS SE. 2019. „Daten­ban­ken: Wozu man sie braucht und wel­che Arten es gibt“. IONOS Digi­tal­gui­de. 3. Sep­tem­ber 2019. https://www.ionos.de/digitalguide/hosting/hosting-technik/datenbanken/.

[(Ber­king 1996) Hel­muth Ber­king: “Schen­ken. Zur Anthro­po­lo­gie des Gebens”, Frankfurt/New York (Cam­pus), 1996.

(Brot für die Welt 2018) Brot für die Welt, Hrsg. 2018. Didak­ti­scher Bau­stein und Über­sicht. Bd. 1. Ber­lin, https://www.brot-fuer-die-welt.de/fileadmin/mediapool/60_Jahre/Dossier_Schwerpunkt_Heft_01.pdf.

(Deut­scher Spen­den­rat e.V. 2019) Deut­scher Spen­den­rat e.V. 2019. „Bilanz des Hel­fens 2019“. Deut­scher Spen­den­rat e.V. (blog). 27. Febru­ar 2019. https://www.spendenrat.de/wp-content/uploads/2019/02/Bilanz_des_Helfens_2019.pdf.

(desta­tis 2019) Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt: “Pres­se­mit­tei­lung Nr. 49 vom 3. Dezem­ber 2019”, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2019/PD19_49_p002.html.

(Hol­land 2011) Hol­land, Hein­rich. 2011. Direkt­mar­ke­ting: Im Dia­log mit dem Kun­den. 3. Aufl. Mün­chen: Vahlen.

(Isla­mic Reli­ef Deutsch­land 2020) Isla­mic Reli­ef Deutsch­land. 2020. „Zakat- Isla­mic Reli­ef Deutsch­land“. 2020. https://www.islamicrelief.de/zakat/.

(Lin­gel­bach 2009) Lin­gel­bach, Gabrie­le. 2009. Spen­den und Sam­meln: der west­deut­sche Spen­den­markt bis in die 1980er Jah­re. Moder­ne Zeit, Bd. 18. Göt­tin­gen: Wallstein.

(Schä­fer 2018) Fabi­an Schä­fer: “Das Weih­nachts­ge­schäft beginnt bereits am Black Fri­day”, https://onlinemarketing.de/news/weihnachtsgeschaeft-black-friday.

(West­hoff u. West­hoff 2013) Andrea und Jus­tin West­hoff: Kul­tur­ge­schich­te des Gebens und Neh­mens, https://www.deutschlandfunk.de/geschenke-und-gefaelligkeiten-kulturgeschichte-des-gebens.1148.de.html?dram:article_id=270077, 26.12.2013.

(Wiki­pe­dia 2019) „Satur­na­li­en“. 2019. In Wiki­pe­dia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Saturnalien&oldid=195166642.

(Wiki­pe­dia 2020)  „Stern­sin­ger“. 2020. In Wiki­pe­dia. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Sternsinger&oldid=195436892.

(Wiki­pe­dia 2020a) „IBM Per­so­nal Com­pu­ter – Wiki­pe­dia“. 2020. In Wiki­pe­dia. https://de.wikipedia.org/wiki/IBM_Personal_Computer.

 

Titel­bild: © Mar­kus Sch. auf pixabay.com

Fundraising-Weisheit #5: “Von nichts kommt nichts.”

Der Auf­bau des Fund­rai­sin­gs einer Orga­ni­sa­ti­on ist nicht allein eine finan­zi­el­le Inves­ti­ti­on. Damit dau­er­haf­te Spen­der­be­zie­hun­gen ent­ste­hen, muss die Orga­ni­sa­ti­on dar­über­hin­aus ihr eige­nes Ver­trau­en in die Spen­der investieren.

Lese­dau­er 3 Minu­ten

„Braucht die evan­ge­li­sche Kir­che denn Spen­den?“, frag­te mich jüngst am Eltern­stamm­tisch die Mut­ter einer Mit­schü­le­rin mei­ner Toch­ter. Wir ler­nen uns gera­de alle ken­nen und erzähl­ten, was wir beruf­lich so tun. Dazu muss man noch wis­sen, dass unse­re Kin­der auf eine evan­ge­li­sche Schu­le gehen. Die Eltern sind der evan­ge­li­schen Kir­che also durch­aus zugetan.

Ich fand die Fra­ge der Frau sym­pto­ma­tisch. Da hör­te ich unaus­ge­spro­che­ne Annah­men mit­schwin­gen: „Ist die Kir­che nicht reich? Das lese ich doch immer wie­der in der Pres­se.“ Viel­leicht auch: „Ihr finan­ziert Euch doch durch die Kir­chen­steu­er. Das soll­te doch reichen?“

Für das Fund­rai­sing kirch­li­cher und dia­ko­ni­scher Orga­ni­sa­tio­nen aber auch für staat­li­che Schu­len und Kin­der­gär­ten ist das The­ma (Kirchen-)Steuer eine kom­mu­ni­ka­ti­ve Her­aus­for­de­rung. Ange­sichts die­ser Finan­zie­rungs­quel­len erschließt sich Men­schen nicht auto­ma­tisch, dass staat­li­che oder kirch­li­che Ein­rich­tun­gen tat­säch­lich Spen­den benö­ti­gen bzw. wes­halb sie dar­um bitten.

Bin­sen­weis­heit: „Von nichts kommt nicht.“

Vol­ker Erba­cher, ein guter Fund­rai­sin­g­kol­le­ge von der Dia­ko­nie Baden, gab mir zu Beginn mei­ner Arbeit als Fund­rai­ser augen­zwin­kernd meh­re­re Weis­hei­ten mit auf dem Weg. Er wuss­te, dass es Bin­sen und All­ge­mein­plät­ze sind, aber auch, dass sie in bestimm­ten Situa­tio­nen den rich­ti­gen Punkt tref­fen. Eine die­ser drei Weis­hei­ten war: „Von nichts kommt nicht.“

Lan­ge habe ich die­se Weis­heit allein auf die Not­wen­dig­keit von Inves­ti­tio­nen ins Fund­rai­sing bezo­gen. Bevor wir Geld und Unter­stüt­zung erhal­ten, müs­sen wir wel­ches aus­ge­ben. Es braucht Per­so­nal, Know-how, Mate­ri­al und Geld. Damit beton­te die­se Weis­heit die unter­neh­me­ri­sche Sei­te jeder Fund­rai­sin­g­ak­ti­vi­tät. Ja, so kann man sie durch­aus verstehen.

„ex nihi­lo nihil fit“ vs. „crea­tio ex nihilo“

Ursprüng­lich kommt der Aus­spruch „Von Nichts kommt nichts“ (abge­lei­tet vom Latei­ni­schen „ex nihi­lo nihil fit“ ) aus der anti­ken Phi­lo­so­phie. Lukrez begrün­de­te in sei­nem Werk „De rer­um natu­ra“ damit die Annah­me, das alles, was ist, eine inner­welt­li­che und kei­ne gött­li­che Ursa­che hat. Die Theo­lo­gie setz­te die­ser Ansicht den Glau­ben an eine „crea­tio ex nihi­lo“, die gött­li­che Schöp­fung aus dem Nichts, entgegen.

Die­se geis­tes­wis­sen­schaft­li­che Aus­ein­an­der­set­zung führt hier zu weit weg vom Fund­rai­sing. Doch das Prin­zip von Ursa­che und Wir­kung, bzw. die Ein­sicht, dass jedes gewünsch­te Ergeb­nis auf bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen beruht, drückt der Spruch prä­gnant aus. Und er gilt auch für die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Fundraising.

Die Frau in der ein­gangs beschrie­be­nen Sze­ne wuss­te nicht, dass und wofür die evan­ge­li­sche Kir­che und ihre Dia­ko­nie Spen­den benö­ti­gen. Und sie weiß das wahr­schein­lich nicht, weil die evan­ge­li­sche Kir­che nicht aus­rei­chend glaub­haft und nach­voll­zieh­bar kom­mu­ni­ziert, dass sie bei ihrer Arbeit auch auf Spen­den ange­wie­sen ist. „Von nichts kommt nichts.“

Ver­trau­en zu Orga­ni­sa­tio­nen fällt nicht vom Himmel.

Wenn für Sym­pa­thi­san­ten, Freun­de, Mit­glie­der und die Öffent­lich­keit die Bedürf­tig­keit einer Orga­ni­sa­ti­on nicht nach­voll­zieh­bar ist, wer­den sie nicht oder nur wenig spen­den. Glaub­haft und nach­voll­zieh­bar wird die eige­ne Bedürf­tig­keit, wenn die Orga­ni­sa­ti­on von sich aus trans­pa­rent und zuver­läs­sig kommuniziert.

Da sind wir in der Bring­schuld. Trans­pa­renz schafft Ver­trau­en und damit die Vor­aus­set­zung dafür, sich bei und mit einer Orga­ni­sa­ti­on finan­zi­ell zu enga­gie­ren. Es geht um glä­ser­ne Taschen. Über wie­vie­le Mit­tel ver­fügt die Orga­ni­sa­ti­on? Wofür benö­tigt sie wie­viel? Was hat sie als Nächs­tes vor?

Ver­trau­en ent­steht dadurch, dass wir unse­ren Spen­dern und Sym­pa­thi­san­ten ver­trau­en und ihnen unse­re Zah­len offen legen. Ein miss­traui­sches „Das geht nie­man­den etwas an.“, das mir zu Beginn mei­ner Tätig­keit ein­mal ent­ge­gen­schlug, erzeugt genau das: Misstrauen.

Es gibt in Deutsch­land für Ver­ei­ne kei­ne Ver­öf­fent­li­chungs­pflicht. Doch das bedeu­tet nicht, dass die Publi­ka­ti­on der Eck­da­ten sinn­los ist. Man kann es auch so sehen, dass die­ser Umstand jeder Orga­ni­sa­ti­on die Mög­lich­keit gibt, die Form der Dar­stel­lung selbst zu bestim­men. Es geht ja nicht um den Ver­rat von Betriebs­ge­heim­nis­sen, son­dern ledig­lich um Eckdaten.

Trans­pa­renz ist die Grundlage

Für das Mann­hei­mer Arbeits­lo­sen­zen­trum (MAZ) habe ich mit dem dama­li­gen Lei­ter der Ein­rich­tung einen ein­fa­chen Jah­res­be­richt mit zusam­men­ge­fass­ten Daten entwickelt.

Aus­schnitt aus dem Jah­res­be­richt des MAZ 2017 (© EKMA.de)

Damit fiel es uns leich­ter zu erklä­ren, wes­halb wir um Spen­den bit­ten müs­sen. Wir beka­men vie­le Rück­mel­dun­gen von Spen­dern, dass die­se Infor­ma­tio­nen ihnen gehol­fen hätten.

Ganz ähn­lich gehen wir gera­de bei einer Mann­hei­mer Kir­chen­ge­mein­de vor. Sie hat ein struk­tu­rel­les Defi­zit, das sie u.a. durch die Stei­ge­rung der Ein­nah­men aus Spen­den schlie­ßen möch­te. Vor dem ers­ten Spen­den­brief stand hier das Schaf­fen von Transparenz.

Ein­nah­men und Aus­ga­ben aus “Post von Petrus” 1/2019 (© Petrus­ge­mein­de Mannheim)

Im neu geschaf­fe­nen Gemein­de­news­let­ter wur­de im Abstand von drei Mona­ten zunächst zwei­mal auch über die finan­zi­el­le Situa­ti­on der Gemein­de berich­tet. Dabei wur­den ein­fa­che Tor­ten­dia­gram­me ver­wen­det. Die Bot­schaft wur­de ver­stan­den. Und erst mit dem drit­ten News­let­ter wur­de der Spen­den­auf­ruf verschickt.

Ver­trau­en ist kei­ne crea­tio ex nihi­lo, es will gebil­det und gepflegt werden.

 

Quel­len und Links:

Bild: By ESA/Hubble, CC BY 4.0 on commons.wikimedia.org

“Money comes from paper.” (Fundraising-Weisheit #7)

Unse­re Kom­mu­ni­ka­ti­on wird immer digi­ta­ler. Wel­che Aus­wir­kun­gen hat das für den klas­si­schen Spen­den­brief? Gehört er (bald) zum alten Eisen oder gilt die Weis­heit “Money comes from paper.) wei­ter­hin? Mit einem Blick auf ver­schie­de­ne Stu­di­en­ergeb­nis­se soll das Bild kla­rer werden.

Lese­dau­er 4 Minu­ten

Es gibt Augen­bli­cke, die bren­nen sich unmit­tel­bar in das Gedächt­nis ein. Ein sol­cher Moment war für mich ein Vor­trag von Ste­ven Pidge­on beim Inter­na­tio­nal Fund­rai­sing Con­gress (IFC) 2014. Da hob die­ser Exper­te die Stim­me an und sag­te: „Don’t for­get:“, und es folg­te eine Pau­se, „Money comes from paper.“

Pidge­on ver­kürz­te damit eine bekann­te Rede­wen­dung (“Money comes from paper and paper comes from trees.”) und deu­te­te sie auf Spen­den­brie­fe um. “Money comes from paper” war für ihn die Schluss­fol­ge­rung aus einem Fall­bei­spiel. Er hat­te als tem­po­rä­rer Bera­ter eine cross­me­dia­len Kam­pa­gne einer NGO in Däne­mark beglei­tet. Es gelang via Social Media, TV und out of home-Wer­bung jede Men­ge Auf­merk­sam­keit zu gene­rie­ren. Doch das Spend­en­er­geb­nis blieb deut­lich unter dem Erwart­ba­ren und ver­gleich­ba­rer Aktio­nen. Was war pas­siert? Die Ver­ant­wort­li­chen in der NGO hat­ten auf Direct Mail, die klas­si­schen Spen­den­brie­fe, im Maß­nah­men­mix ver­zich­tet. Ob das aus Kos­ten­grün­den oder einer eupho­ri­schen Tech­nik­be­geis­te­rung geschah, kann ich nicht mehr erin­nern. Die Grün­de sind auch nicht wich­tig, was inter­es­siert, ist das Resultat.

Ein Mar­ke­ting­be­ra­ter aus dem Pro­fit­be­reich erzähl­te mir vor Weih­nach­ten von einem sei­ner Kun­den. Ein natio­nal täti­ges Ein­zel­han­dels­un­ter­neh­men, das als Inter­net-Start­up begon­nen hat­te. Es gewinnt inzwi­schen den weit­über­wie­gen­den Teil sei­ner Neu­kun­den via Direct-Mail.

Nun darf man nicht von Ein­zel­fäl­len auf all­ge­mei­ne Aus­sa­gen schlie­ßen. Die Erfah­run­gen mei­ner eige­nen Fund­rai­sin­g­pra­xis für die Evan­ge­li­sche Kir­che in Mann­heim und ihre Dia­ko­nie schei­nen die­se Weis­heit jedoch eben­falls zu stüt­zen. Die Ergeb­nis­se der Spen­den­brief­kam­pa­gnen und die Zahl der ver­schick­ten Mai­lings wach­sen Jahr um Jahr. Wel­che Aus­wir­kun­gen hat die Digi­ta­li­sie­rung nun tat­säch­lich auf das Werk­zeug der Spen­den­brie­fe? Sind sie im Aus­ster­ben begrif­fen oder doch ein blei­ben­der Bestand­teil jedes Fundraising-Mixes?

Ein Blick in die Studien

Also zie­he ich eini­ge Stu­di­en und Sta­tis­ti­ken zu Rate. Micha­el Ursel­mann unter­such­te für sei­nen Vor­trag „Wan­del der (Spender)Generationen“ (gehal­ten beim Bad Hon­ne­fer Fund­rai­sing Forum 2018 ) die Nut­zung des Spen­den­briefs (Mai­ling) für die Neu­s­pen­der­ge­win­nung via Kalta­dress-Mai­lings der Kun­den des Dienst­leis­ters GFS. 82% der so gewon­ne­nen Neu­s­pen­der gehö­ren gemäß einer Vor­na­men­ana­ly­se der Gene­ra­ti­on der Wie­der­auf­bau­er (66+ Jah­re) an. Nur 15% sind Baby­boo­mer (51–65) und 3% Ange­hö­ri­ge der Gene­ra­ti­on X (36–50) (ebd. S.12). Nun sind die­se Zah­len mit etwas Vor­sicht zu genie­ßen, wur­den sie als Durch­schnitt über alle Kun­den der GFS gebil­det. Es gibt kei­nen Hin­weis dar­auf, dass die aus­ge­wer­te­ten Adress­da­ten gemäß der sta­tis­ti­schen Ver­tei­lung der Alters­grup­pen in der Bevöl­ke­rung oder der spen­den­den Per­so­nen in Deutsch­land gewich­tet wurden.

Mai­lings sind bei der Neu­s­pen­der­ge­win­nung eine Generationenfrage.

Als nächs­tes neh­me ich den Dia­log­mar­ke­ting Moni­tor der Deut­schen Post AG zur Hand. Nach Anzei­gen­wer­bung und Online­mar­ke­ting bele­gen die Wer­be­sen­dun­gen Platz 3 bei den belieb­tes­ten Wer­be­me­di­en Deut­scher Unter­neh­men (NPOs sind nicht berück­sich­tigt). Dabei haben die Wer­be­sen­dun­gen 2017 sogar das größ­te Wachs­tum im Ver­gleich zum Vor­jahr (+0,4 Mrd. €) auf­zu­wei­sen. Voll­adres­sier­te Wer­be­sen­dun­gen machen hier den Groß­teil aus (6,5 Mrd. € total; ebd. S.14). „Jedes drit­te deut­sche Unter­neh­men macht geziel­te Bestands­kun­den­wer­bung, also Wer­bung, die sich spe­zi­ell an bereits vor­han­de­ne Kun­den des Unter­neh­mens rich­tet. Für 28 % die­ser Unter­neh­men ist die papier­ba­sier­te, voll­adres­sier­te Wer­be­sen­dung das wich­tigs­te Medi­um ihrer Bestands­kun­den­wer­bung.“ (ebd. S.7)

Mai­lings sind ein unver­zicht­ba­res Mit­tel der Spenderbindung.

Dann schaue ich mir noch die Pres­se­infor­ma­ti­on für die Bilanz des Hel­fens 2018 von der Gesell­schaft für Kon­sum­for­schung (GfK) und des Deut­schen Spen­den­rats an. Auf die Fra­ge „Was hat den (Haupt-) Anstoß zur Spen­de gege­ben?“ ant­wor­te­ten 22,7% der Befrag­ten, dass dies ein per­sön­lich adres­sier­ter Brief war (ebd. S.18). Die­ser Wert schwank­te in den Jah­ren 2014 bis 2017 zwi­schen 20,8% und 24,7%. Im glei­chen Zeit­raum gaben zwi­schen 22,0% und 27,5% der Befrag­ten an, dass sie regel­mä­ßig spen­den, d.h. „im Sin­ne von ‚ich spen­de immer für die­se Orga­ni­sa­ti­on‘“. Was für für die­se regel­mä­ßi­gen Spen­den ursprüng­lich ein­mal den Anstoß gege­ben hat, bleibt eben­so unklar wie der Umstand, ob die so ant­wor­ten­den Per­so­nen auch einen Spen­den­brief erhal­ten haben. Mut­maß­lich spielt bei die­ser Grup­pe der Spen­de­rIn­nen das Mai­ling eine Rol­le. Auf jeden Fall sind der Spen­den­brief und die regel­mä­ßi­gen Spen­den mit wei­tem Abstand die wich­tigs­ten Spen­den­an­läs­se für die befrag­ten Spen­de­rIn­nen. Sozia­le Medi­en (0,3%) und das Inter­net (2,1%) ran­gie­ren noch weit am Ende der Skala.

Mai­lings sind wei­ter­hin der wich­tigs­te Spendenanstoß.

Dass die Deut­sche Post AG in ihren Äuße­run­gen den Ein­druck erweckt, dass die Zahl der in Deutsch­land ver­schick­ten Brie­fe dras­tisch sinkt und die Zeit der Brief­post sich dem Ende neigt, ist nicht halt­bar. Auch wenn die Deut­sche Post AG selbst weni­ger Brief­sen­dun­gen ver­schickt, ver­sen­den ihre Kon­kur­ren­ten mehr. Es ist, wie man dem Tätig­keits­be­richt 2016/17 der Bun­des­netz­agen­tur ent­neh­men kann (ebd. S. 14), seit Jah­ren ein sta­bi­les Auf­kom­men von ca. 16 Mrd. Brief­sen­dun­gen pro Jahr zu verzeichnen.

Mein Fazit: Die Weisheit gilt weiterhin

Die Weis­heit gilt bis auf wei­te­res wei­ter­hin. Der ana­lo­ge Spen­den­brief ist nach wie vor unver­zicht­bar im Fund­rai­sing-Mix. Ins­be­son­de­re für die Pfle­ge von Spen­de­rIn­nen ist er das Mit­tel der Wahl. Der Papier­brief ist in einer mehr und mehr digi­ta­li­sier­ten Welt ein Medi­um, das die per­sön­li­che Wert­schät­zung und Anspra­che über­zeu­gend trans­por­tie­ren kann. Zudem ent­geht er der Gefahr, in der Flut elek­tro­ni­scher Nach­rich­ten unter­zu­ge­hen, sticht durch sei­ne phy­si­sche Prä­senz im Brief­kas­ten her­vor. Mit der Phy­sis ist auch die Hap­tik ver­bun­den, eine wei­te­re kate­go­ria­le Unter­schei­dung zu den elek­tro­ni­schen Medien.

Auch für die Neu­s­pen­der­ge­win­nung mit­tels gemie­te­ter Kalta­dres­sen wird der Spen­den­brief noch eini­ge Jah­re, zumin­dest für die Spen­de­rIn­nen der Wie­der­auf­bau­erge­ne­ra­ti­on, eine Rol­le spie­len. Zwei­fel dar­an, dass sich die Baby­boo­mer oder die Gene­ra­ti­on X in Zukunft von die­sem Medi­um noch als Neu­s­pen­der anspre­chen las­sen, schei­nen nicht unbe­grün­det zu sein. Es wird mehr und mehr dar­um gehen, den Fund­rai­sing-Mix an die gewan­del­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­wohn­hei­ten anzu­pas­sen und damit aus­zu­wei­ten. Ob dann der Spen­den­brief im Rah­men der Spen­der­pfle­ge für die­se Gene­ra­tio­nen ein pro­ba­tes Mit­tel blei­ben wird, muss sich erst zeigen.

Für gro­ße Mit­glie­der­or­ga­ni­sa­tio­nen wie den Kir­chen oder bestimm­te Wohl­fahrts­ver­bän­de macht die Neu­s­pen­der­ge­win­nung per Brief wei­ter­hin sehr viel Sinn. Die Respon­se­quo­ten und der ROI bei Mai­lings an Mit­glie­der, die bis­lang Nicht­spen­de­rIn­nen waren, lie­gen i.d.R. weit über den Zah­len von gemie­te­ten Adres­sen für die Kalta­qui­se. Meist schaff­te man mit Mit­glie­der­mai­lings auf Anhieb den break-even. So gilt hier von Beginn an: „Money comes from paper.“

Bild: Ste­f­an­Hoff­mann by pixabay.de under crea­ti­ve com­mons licence

„Money follows vision“ aka „Money follows mission“ (Fundraising-Weisheit #6)

Lese­dau­er 3 Minu­ten„Wie bit­te? Ein Hand­griff an den Stu­fen zur Kir­chen­tür?“ Ich war etwas kon­ster­niert ob die­ses Vor­schlags für die jähr­li­che Spen­den­ak­ti­on. Ich fand das Pro­jekt ziem­lich unat­trak­tiv. Ein kal­tes Stück Metall. Ich wider­stand dem Impuls zu sagen: „Nee, das ist aus­sichts­los. Ich weiß es bes­ser. Schlagt Euch das mal aus dem Kopf.“ Statt­des­sen frag­te ich das Fund­rai­sin­g­team: „Wer, denkt Ihr, spen­det dafür?“

Die Ant­wort war uner­war­tet und über­zeug­te mich. Die Pfar­re­rin und Kir­chen­vor­stand erklär­ten, dass die Gottesdienstbesucher*innen, die auf einen Rol­la­tor oder einen Geh­stock ange­wie­sen sind, über die Ram­pe durch einen Neben­ein­gang in die Kir­che kom­men. Vie­le von ihnen wür­den sich jedoch lie­bend gern nach dem Got­tes­dienst per­sön­lich von der Pfar­re­rin oder dem Pfar­rer an der Kir­chen­tür ver­ab­schie­den. Ein kur­zer Kon­takt, der vie­len von Ihnen wich­tig ist. Doch der feh­len­de Hand­lauf ließ sie nicht zu den Stu­fen gehen.

Und tat­säch­lich, es war ein gutes Pro­jekt. Es war schnell aus­fi­nan­ziert und auch ein Schlos­se­rei­be­trieb mel­de­te sich in der Gemein­de und bot an, das Gelän­der allein zu den Mate­ri­al­kos­ten zu realisieren.

Ein Tanztheater in eine Kirche?!

„Wie bit­te? Ein Tanz­thea­ter in der Kir­che?“ Die­se Fra­ge wird sich so manch ein Mann­hei­mer Bür­ger und wohl auch Kul­tur­schaf­fen­der 2016 gestellt haben. Da hat­te die Evan­ge­li­sche Kir­che in Mann­heim nach einem Ideen­wett­be­werb beschlos­sen, die seit Jah­ren nicht mehr genutz­te Tri­ni­ta­tis­kir­che für zunächst fünf Jah­re dem La-Troit­tier Dance Coll­ec­ti­ve als Pro­ben- und Auf­füh­rungs­raum zur Ver­fü­gung zu stellen.

Das Pro­jekt, der Ent­wurf für die Innen­ge­stal­tung der Kir­che, vor allem aber auch die Ener­gie der Bewer­ber, Eric Troit­tier und Daria Hol­me, steck­ten an. Sie hat­ten eine Visi­on, die fes­sel­te. Sie über­zeug­te in der Fol­ge auch die Stadt Mann­heim, das Land Baden-Würt­tem­berg und den Bund. Von allen wird das ent­stan­de­ne Ein­Tanz­haus bin­nen kur­zer Zeit mit meh­re­ren hun­dert­tau­send Euro geför­dert. Es bil­de­te sich ein För­der­kreis, Unter­neh­men wur­den auf das Pro­jekt und die neue Event­lo­ca­ti­on aufmerksam.

Nach nur neun Mona­ten Umbau­zeit eröff­ne­te am 30.9.2017 das Ein­Tanz­haus in der Tri­ni­ta­tis­kir­che sei­ne Pfor­ten. Das Pro­jekt und das Pro­gramm waren von Beginn an ein gro­ßer Erfolg. Die media­le Auf­merk­sam­keit war seit der Ent­schei­dung für das Tanz­ensem­ble riesig.

Wann zündet eine Idee?

„Money fol­lows visi­on“ oder wie mein Kol­le­ge Paul Dal­by zu sagen pflegt: „Das Geld folgt den guten Ideen.“

Es gehört zu den grund­le­gen­den Wahr­hei­ten im Fund­rai­sing, dass min­des­tens 50% des Erfolgs einer Fund­rai­sin­g­ak­ti­on von der Qua­li­tät des Pro­jekts abhän­gen. Doch wann ist eine Idee gut? Wann trägt eine Vision?

Es reicht nicht, wenn wir als Pro­jekt­ver­ant­wort­li­che von unse­ren eige­nen Ideen über­zeugt und begeis­tert sind. Ich habe schon eini­ge Pro­jek­te schei­tern sehen, von denen Vor­stän­de und Geschäfts­füh­rer über­zeugt waren. Doch dann muss­ten sie erfah­ren, dass trotz aller Anstren­gun­gen bei wei­tem nicht genug Spen­de­rin­nen und Spen­der gefun­den wer­den konn­ten. Für nicht weni­ge Ver­ant­wort­li­che war das eine nar­zis­ti­sche Kränkung.

Die Durch­füh­rung einer Spen­den­ak­ti­on ist auch immer so etwas wie ein Rea­li­täts- bzw. Relevanzcheck.

Ob ein Pro­jekt rele­vant ist, erfährt man ent­we­der durch die spon­ta­ne Anteil­nah­me vie­ler Men­schen an der Idee. Aber auch die Ein­schät­zung von rele­van­ten Anspruchs­grup­pen ist wert­voll. Ob etwa die Grün­dung einer Stif­tung Aus­sicht auf Erfolg hat, fin­det man her­aus, wenn dar­über mit den beson­ders ver­bun­de­nen Spender*innen in pri­va­ter Atmo­sphä­re gespro­chen wird, noch bevor man damit an die Öffent­lich­keit geht. Die Pfar­rer der oben erwähn­ten Kir­chen­ge­mein­de wuss­ten aus Gesprä­chen zwi­schen Tür und Angel, dass ein Gelän­der an der Kir­chen­tür rele­vant ist.

Was aber war bzw. ist die gute Idee am Ein­Tanz­haus in der Tri­ni­ta­tis­kir­che? Sicher­lich, die Aus­sicht dar­auf, dass die freie Tanz­sze­ne in Mann­heim und der Regi­on nach Jah­ren und Jahr­zehn­ten end­lich die Mög­lich­keit hat­te, eine attrak­ti­ve Pro­ben- und Spiel­stät­te zu bekom­men, war von Rele­vanz für die poli­ti­schen Ent­schei­der in der Kul­tur­för­de­rung. Doch da war auch ein ästhe­ti­sches Moment, das begeis­ter­te, ja inspirierte.

Es ent­stand der Aus­blick auf etwas Neu­es, das es noch nicht gab. Da gab es das Ver­spre­chen auf das Zusam­men­spiel eines ein­zig­ar­ti­gen Bau­denk­mals mit einem moder­nen Tanz­ensem­ble. Es gab das Ver­spre­chen auf neue Vita­li­tät in leer­ste­hen­den Kirchenmauern.

Rele­vant sind Pro­jek­te damit oft, wenn sie ein inno­va­ti­ves Moment haben, wenn sie eine Situa­ti­on zum Bes­se­ren ver­än­dern. Etwas neu­es schaf­fen, die Situa­ti­on von Men­schen in Not ändern, das sind star­ke Attrak­to­ren und Visio­nen für Unterstützer*innen. Sie wol­len Wir­kung erzielen.

Kommunikation und Vertrauen sind die anderen 50%

Die ande­ren 50% des Erfolgs einer Fund­rai­sin­g­ak­ti­on bestehen z.T. in der effek­ti­ven Kom­mu­ni­ka­ti­on des Pro­jekts, sei­ner Visi­on und sei­ner Erfol­ge. Denn wenn die rich­ti­gen Ziel­grup­pen von der guten Idee nicht erfah­ren, bleibt die not­wen­di­ge Unter­stüt­zung aus. Es geht also um hand­werk­lich bzw. fach­lich sau­be­re Kommunikation.

Ins­be­son­de­re bei Pro­jek­ten, die sich erst bewäh­ren müs­sen oder noch rea­li­siert wer­den, geht es bei aller Begeis­te­rung dar­um dar­zu­stel­len, wie das Ziel erreicht wer­den kann. Die ers­ten und die nächs­ten Schrit­te müs­sen nach­voll­zieh­bar und rea­lis­tisch geschil­dert werden.

So wird Ver­trau­en in das Pro­jekt und die damit ver­bun­de­nen Akteu­re und ihre Orga­ni­sa­ti­on auf­ge­baut. Ver­trau­en, vor allem in die Leis­tungs­fä­hig­keit und Kom­pe­tenz der NGO, ist für Spender*innen emi­nent wichtig.

fiv­ty-fif­ty im Ver­hält­nis Idee zu Hand­werk? So ein­fach ist es nicht. Die Fund­rai­sing-Weis­heit „Money fol­lows visi­on“ spricht der Visi­on, der guten Idee, wohl­weiß­lich die ers­te Stel­le zu. Sie ist der wesent­li­che Trei­ber einer guten Fundraisingaktion.

(Bild: jon­bon­sil­ver by pixabay.com)

Quel­len:

Dal­by, Paul: Das Geld folgt den guten Ideen, in: Fund­rai­ser (2/2011), https://fundraiser-magazin.de/files/archiv/pdf/fundraiser_22_2011-02.pdf, zuletzt auf­ge­ru­fen am 13.7.2011, S.96

Roboter zahlen keine Kirchensteuer

Die Auto­ma­ti­sie­rung in der Arbeits­welt hat abseh­bar Fol­gen für das Kir­chen­steu­er­auf­kom­men. Wie soll dar­auf reagiert werden?

Lese­dau­er 2 Minu­tenDer Legen­de nach, gab es zwi­schen John Ford II und Wal­ter Reu­ther, dem Chef der Auto­bau­erge­werk­schaft fol­gen­de Epi­so­de. Sie gin­gen Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jah­re durch eine der ers­ten auto­ma­ti­sier­ten Ford-Fabri­ken. Da frag­te John Ford: “Wal­ter, wie willst Du Robo­ter dazu brin­gen, Gewerk­schafts­bei­trä­ge zu zah­len?”  Die­ser soll geant­wor­tet haben: “Wie willst Du Robo­ter dazu brin­gen, Dei­ne Autos zu kaufen?”

Das war noch weit vor der digi­ta­len Revo­lu­ti­on. Und doch wur­de bereits über die öko­no­mi­schen Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung für die Gesell­schaft nach­ge­dacht. Seit 2015 for­der­te der Grün­der von Micro­soft, Bill Gates, die Ein­füh­rung einer Robo­ter­steu­er. Er geht davon aus, dass die fort­schrei­ten­de Auto­ma­ti­sie­rung zum dau­er­haf­ten Ver­lust von vie­len Arbeits­plät­zen füh­ren wird. In der Indus­trie wer­den mehr und mehr Robo­ter mensch­li­che Arbei­ter erset­zen. Aber auch im Verwaltungs‑, Gesund­heits- und Dienst­leis­tungs­be­reich erset­zen Ver­fah­ren der künst­li­chen Intel­li­genz (KI) Sach­be­ar­bei­ter, Ärz­te und Berater.

Bill Gates fürch­tet, dass den Staa­ten die Ein­nah­men aus der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er weg­bre­chen, weil die erwerbs­tä­ti­ge Bevöl­ke­rung signi­fi­kant schrump­fen wird.

Denn es ist noch lan­ge nicht aus­ge­macht, dass in glei­chem Umfang neue Jobs ent­ste­hen wie alte weg­fal­len, was Kri­ti­ker der Robo­ter­steu­er vorhersagen.

Nun hängt die Kir­chen­steu­er bekann­ter­ma­ßen an der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er. Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er sind die Berech­nungs­grund­la­ge für die Kir­chen­steu­er (8 bzw. 9%). So wer­den nicht allein die altern­de und schrump­fen­de Bevöl­ke­rung bzw. Mit­glied­schaft sowie Kir­chen­aus­trit­te zum dau­er­haf­ten Rück­gang der Kir­chen­steu­er füh­ren. Die Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung dro­hen die­se Ent­wick­lung wei­ter zu verschärfen.

Wäh­rend der Staat den Ein­bruch bei der Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er durch die Besteue­rung der Auto­ma­ti­sie­rungs­mit­tel aus­glei­chen könn­te, steht den Kir­chen die­ser Weg nicht zur Verfügung.

Die Kir­chen wer­den die­se wei­te­ren Ein­nah­me­rück­gän­ge adap­tie­ren und/oder ihre Ein­nah­me­quel­len erwei­tern müssen.

Nun wäre es hier ein Leich­tes zu schrei­ben, dass ein ver­stärk­tes kirch­li­ches Fund­rai­sing die Ant­wort auf die­se abseh­ba­re Her­aus­for­de­rung sei. Das mag tat­säch­lich ein Teil der Ant­wort wer­den. Doch wel­che Aus­wir­kun­gen die gesell­schaft­li­chen Fol­gen der Auto­ma­ti­sie­rung für das Spen­den­auf­kom­men ins­ge­samt hat, ist auch noch zu klären

Zunächst gilt es für die Kir­chen, die Ent­wick­lun­gen im eige­nen Inter­es­se genau zu ana­ly­sie­ren und zu beden­ken. Es kom­men gro­ße Ver­än­de­run­gen auf uns zu, auf Kir­che und Gesellschaft.

(Bild: © PaulM by pixabay.com)

Links:

Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung: Bill Gates for­dert Robo­ter-Steu­er; http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/automatisierung-bill-gates-fordert-roboter-steuer-14885514.html; zuletzt auf­ge­ru­fen 20.6.2018.

Lobe, Adri­an: Soll­ten Robo­ter Steu­ern zah­len?, https://www.spektrum.de/kolumne/sollten-roboter-steuern-zahlen/1462207, 6.6.2017, zuletzt auf­ge­ru­fen am 14.6.2018.

Quote­inves­ti­ga­tor: https://quoteinvestigator.com/2011/11/16/robots-buy-cars/, zuletzt auf­ge­ru­fen am 20.6.2018.

Spät, Patrick:  Adieu, Jobs! Will­kom­men, Maschi­ne!, https://www.zeit.de/karriere/2015–01/kapitalismus-arbeitsplaetze-digitalisierung-maschinen, 9.2.2015, zuletzt auf­ge­ru­fen am 14.6.2018.

“The board gives first.” — Der Vorstand spendet als Erstes (Fundraisingweisheit #4)

Das eige­ne Spen­den­ver­hal­ten des Vor­stands hat maß­geb­li­chen Ein­fluss auf den Erfolg des Fund­rai­sing einer Orga­ni­sa­ti­on. Ein Lack­mus­test für ande­re Spender*innen. Oft­mals noch hei­kel anzu­spre­chen, aber unumgänglich.

Lese­dau­er 2 Minu­tenWie macht man sich als bei einem gro­ßen Teil des Vor­stands sei­ner Orga­ni­sa­ti­on unbe­liebt? Indem man fragt, wie­viel die Vor­stands­mit­glie­der selbst bei der anste­hen­den Fund­rai­sin­g­ak­ti­on geben wer­den. Auf die Fra­ge folgt häu­fig betre­te­nes oder ungläu­bi­ges Schwei­gen.  Der eine oder die ande­re sagen nach kur­zer Pau­se: “Wir enga­gie­ren uns der­ma­ßen stark ehren­amt­lich, das muss rei­chen. Ande­re sol­len bit­te spenden.”

Auf den ers­ten Blick mag das logisch und gerecht klin­gen. Die einen brin­gen Zeit und Arbeits­kraft ein, die ande­ren enga­gie­ren sich mit Geld. Doch so ein­fach ist die Sache nicht.

Die Spen­de für das eige­ne Pro­jekt ist ein kaum zu über­bie­ten­des Bekennt­nis des Vor­stands zur eige­nen Organisation.

Bes­ser kann ein Lei­tungs­gre­mi­um kaum doku­men­tie­ren, dass es dem eige­nen Pro­jekt ver­traut und von der Arbeit des Ver­eins bzw. der Gemein­de tat­säch­lich über­zeugt ist.

Das ist umso wich­ti­ger, wenn Spen­den in per­sön­li­chen Gesprä­chen ein­ge­wor­ben wer­den. Die Ant­wort auf die Fra­ge “Haben Sie selbst für das Pro­jekt gespen­det?” ist wie ein Lack­mus­test für poten­ti­el­le Spen­der. Wie wol­len wir uns als Vor­stän­de füh­len, wenn jemand uns die­se Fra­ge stellt?

Vor eini­gen Jah­ren habe ich eine Kir­chen­ge­mein­de bera­ten, die in kur­zer Zeit 25.000 Euro für die Sanie­rung der Auf­hän­gung ihrer Kir­chen­glo­cken benö­tig­te. Es war Ende Mai, als wir das ers­te Mal zusam­men­sa­ßen. Im August muss­ten die Arbei­ten star­ten. Es war klar, dass wir die Sum­me in so kur­zer Zeit nur durch Gesprä­che mit hoch­ver­bun­de­nen Gemein­de­glie­dern und Alt­spen­dern zusammenbekommen.

In einer Fund­rai­sin­g­grup­pe mit Ver­tre­tern der Gemein­de­lei­tung und zwei gut ver­netz­ten Mit­glie­dern klär­ten wir, wen wir wie und durch wen anspre­chen. Unver­mit­telt sag­te eine Frau aus dem Kirchenvorstand:

“Auch ich spen­de 500 Euro. Das macht es mir leich­ter, die ande­ren zu bitten.”

Tou­ché. Sie hat­te es auf den Punkt gebracht. Wenn sie selbst für das Pro­jekt spen­det, dann fällt es ihr leich­ter ande­re Men­schen um Spen­den zu bit­ten. Sie kann selbst­si­che­rer auf­tre­ten und authen­tisch für das Pro­jekt wer­ben. In der Fol­ge sag­ten wei­te­re Mit­glie­der der Fund­rai­sin­g­grup­pe, dass sie nach ihren Mög­lich­kei­ten spen­den würden.

Auch das ist wich­tig: Es geht nicht dar­um, dass alle das Glei­che oder über­durch­schnitt­li­che Beträ­ge geben, son­dern einen ihren Mög­lich­kei­ten ange­mes­se­nen Beitrag.

Die Spen­de für das eige­ne Pro­jekt, den eige­nen Ver­ein, ist nicht nur ein kla­res Bekennt­nis, son­dern sie zeigt Spen­dern und Mit­glie­dern, dass der Vor­stand sich für den Erfolg des Fund­rai­sin­gs tat­säch­lich ver­ant­wort­lich fühlt und ein­setzt. Zudem macht die eige­ne Spen­de Spen­der­ge­sprä­che wesent­lich leichter.

“Wür­dest Du sel­ber für Dei­ne Orga­ni­sa­ti­on spen­den?” Allein das eige­ne Ver­hal­ten beant­wor­tet die­se Frage.

(Bild: dome­ck­o­pol by pixapay.com)

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