Wer zahlt wie viel Kirchensteuer? — Unbequeme Wahrheiten

Eigent­lich darf es nicht ver­wun­dern, dass sich die all­ge­mei­ne Ungleich­ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mö­gen auch in der Zusam­men­set­zung der kir­chen­steu­er­zah­len­den Mit­glie­der wider­spie­gelt. Die­ser Umstand ist eine Her­aus­for­de­rung für das kirch­li­che Selbst­ver­ständ­nis und die kirch­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Mit­glie­dern, will man sie stra­te­gisch gestalten.

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Aktu­ell lau­fen die Berech­nun­gen für die Kir­chen­steu­er­pro­jek­ti­on 2030. Wie die Zah­len genau aus­fal­len, ist noch unbe­kannt. Unab­hän­gig von den kon­kre­ten Ergeb­nis­sen die­ser Unter­su­chun­gen hält die bewuss­te und inten­si­ve Beschäf­ti­gung mit der genau­en Zusam­men­set­zung des Kir­chen­steu­er­auf­kom­mens eini­ge orga­ni­sa­tio­na­le und theo­lo­gi­sche Her­aus­for­de­run­gen bereit.
Wovon man bereits jetzt aus­ge­hen kann, ist die Bin­sen­weis­heit, dass sich die Kir­chen­mit­glie­der nicht grund­sätz­lich von der der Gesamt­be­völ­ke­rung unter­schei­den hin­sicht­lich ihres indi­vi­du­el­len (Kirchen-)Steuerbeitrags. So ist ein Blick auf die Sta­tis­tik der Ein­kom­mens­steu­er­an­tei­le inter­es­sant. (Vgl.: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61772/einkommensteueranteile).

Diagramm Einkommenssteueranteile 2011 Deutschland
Ein­kom­men­steu­er­an­tei­le 2011 Deutsch­land — Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung (crea­ti­ve commons)

Da die Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er die Berech­nungs­grund­la­ge für die Kir­chen­steu­er bil­det, erhält man hier eine Ein­schät­zung über die Bei­trä­ge der ver­schie­de­nen Ein­kom­mens­klas­sen zur Kir­chen­steu­er. Abhän­gig von den jewei­li­gen Lan­des­kir­che und Bis­tü­mern wer­den 8 bzw. 9% der gezahl­ten Lohn- und Ein­kom­mens­steu­er als Kir­chen­steu­er erho­ben. Soll­te sich die ent­spre­chen­de Ver­tei­lung bei den Kir­chen­mit­glie­dern vom Bun­des­schnitt unter­schei­den dann der­ge­stalt, dass etwas weni­ger Men­schen in den unte­ren und etwas mehr Men­schen in den höhe­ren Zehn­tel ange­sie­delt sein dürf­ten. Das legen zumin­dest die Ergeb­nis­se ver­schie­de­ner Mit­glie­der­be­fra­gun­gen nahe.
Nach der Sta­tis­tik der Ein­kom­mens­steu­er­an­tei­le ist es so, dass »[…] sich [2011] der Anteil der obe­ren 10 Pro­zent der Ein­kom­men­steu­er­pflich­ti­gen am Gesamt­be­trag der Ein­künf­te auf 36,4 Pro­zent und der Anteil der unters­ten 50 Pro­zent auf 16,2 Pro­zent. Beim obers­ten Pro­zent lag der Anteil am Gesamt­be­trag der Ein­künf­te bei 12,5 Pro­zent, der Anteil am Ein­kom­men­steu­er­auf­kom­men betrug 22,0 Pro­zent« (bpb).

Die Unter­schie­de bei der Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­tei­lung in Deutsch­land spie­geln sich in den Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nis­sen der Mit­glie­der der gro­ßen (Volks-)Kirchen wider.

Knapp 40% der Mit­glie­der der evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che in Baden zah­len Kir­chen­steu­er. Rund 60% der Mit­glie­der (Kin­der, Jugend­li­che, Ren­ter, Men­schen und Ehe­paa­re mit Ein­kom­men unter­halb der Bemes­sungs­gren­ze) zah­len kei­ne Kir­chen­steu­er. Die­ser Fakt ord­net die genann­ten Zah­len wei­ter ein.

Wenn wir von der evan­ge­li­schen Kir­che spre­chen, reden wir ein­mal von ihr als Teil der Ver­samm­lung der Gläu­bi­gen, als geist­li­cher Gemein­schaft. Zum andern spre­chen wir von der kon­kre­ten Orga­ni­sa­ti­on mit der Rechts­form „Kör­per­schaft des öffent­li­chen Rechts“. Je nach Blick­win­kel betrach­ten wir die evan­ge­li­sche Kir­che als geist­lich-ideel­le oder als juris­tisch-orga­ni­sa­tio­na­le Grö­ße. Die­se Blick­win­kel tre­ten zwangs­läu­fig in Span­nung zueinander.

Für den Glau­ben evan­ge­li­scher Prä­gung ist von zen­tra­ler Bedeu­tung, dass alle Men­schen vor Gott gleich sind.

Sie sind alle zugleich Sün­der und Gerech­te, wie Mar­tin Luther es for­mu­lier­te. Und des­halb sol­len sozia­le Unter­schie­de beim Mit­ein­an­der inner­halb der Kir­che, beim gemein­sa­men Gebet und Got­tes­dienst, kei­ne Rol­le spie­len. Die bibli­schen Tex­te über die ers­ten Gemein­den in Jeru­sa­lem und Korinth (Apos­tel­ge­schich­te 2,37–47; 1. Korin­ther­brief 11,17–22) beschrei­ben bereits glei­cher­ma­ßen das Ide­al und die Kon­flik­te, die es von Anbe­ginn gab.

Doch wenn sich die Evan­ge­li­sche Kir­che als Orga­ni­sa­ti­on, wel­che sich vor­nehm­lich aus der Kir­chen­steu­er finan­ziert, stra­te­gi­sche Gedan­ken über die Zukunft macht, kommt sie nicht umhin, hin­sicht­lich der finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten ihrer Mit­glie­der Unter­schie­de zu machen. Es macht finan­zi­ell nun ein­mal einen gra­vie­ren­den Unter­schied, ob Mit­glie­der aus­tre­ten, die zu den obe­ren zehn oder gar dem obers­ten einem Pro­zent der Ein­kom­men­steu­er­pflich­ti­gen gehö­ren, oder ob Mit­glie­der der Orga­ni­sa­ti­on Kir­che den Rücken zukehrt, die kei­ne oder wenig Kir­chen­steu­er zahlen.

Auch macht es finan­zi­ell einen Unter­schied, ob ein Mit­glied mit Mit­te 50 aus­tritt oder mit Ein­tritt ins Berufs­le­ben, etwa mit Mit­te 20. Wenn ein Mit­glied mit 25 sein wei­te­res Leben lang Mit­glied sei­ner Kir­che bleibt, zahl­te es durch­schnitt­lich 28.000 Euro Kirchensteuer.

Es geht bei die­sen m.E. not­wen­di­gen Unter­schei­dun­gen nicht dar­um, ob mit den Bes­ser­ver­die­nen­den zu Las­ten der ande­ren Mit­glie­der kom­mu­ni­ziert wird. Es geht im Sin­ne einer ziel- und ziel­grup­pen­ori­en­tier­ten Kom­mu­ni­ka­ti­on dar­um, dass bei Inhalt und Form Unter­schie­de gemacht werden.

„Behand­le Glei­ches gleich und Unglei­ches ungleich.“
(frei nach Aris­to­te­les, Niko­ma­chi­sche Ethik)

Das ist nicht nur wei­se mit Blick auf die Orga­ni­sa­ti­on, son­dern wird auch den ver­schie­de­nen Bedürf­nis­sen, Bei­trä­gen und Lebens­si­tua­tio­nen gerecht. Ein Pro­blem, das der Struk­tur nach auch bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Groß­spen­dern und den ande­ren För­de­rern in einer NPO auftritt.

Wie die­se dif­fe­ren­zie­ren­de Kom­mu­ni­ka­ti­on der Kir­che genau aus­se­hen kann, muss gründ­lich dis­ku­tiert wer­den. Wenn man sich den Unter­schied zwi­schen den ideell-theo­lo­gi­schen und den orga­ni­sa­tio­na­len Aspek­ten immer wie­der ins Gedächt­nis ruft, dann wird man auch dar­an erin­nert, dass die Unter­schie­de, wel­che die Orga­ni­sa­tio­nen machen müs­sen, im Glau­ben auf­ge­ho­ben sind.

(Bild: Alexandra_Koch by pixabay.com (crea­ti­ve commons))

Quellen:

Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung: Ein­kom­mens­steu­er­an­tei­le, http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61772/einkommensteueranteile, zuletzt auf­ge­ru­fen am 13.5.2018.

Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung: Ver­mö­gens­ver­tei­lung, http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61781/vermoegensverteilung, zuletzt auf­ge­ru­fen am 13.5.2018.

 

“Danke, bevor die Sonne sinkt” (Fundraising-Weisheit #3)

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Die­ser Klas­si­ker geht auf den Doy­en des Fund­rai­sin­gs in Deutsch­land zurück: Lothar Schulz. Er war jahr­zehn­te­lang der Fund­rai­ser der Stif­tung Als­ter­dorf Hamburg.

“Dan­ke, bevor die Son­ne sinkt.” (Lothar Schulz)

Auch der moder­ne Mar­ke­teer dürf­te Schulz zustim­men. Denn er weiß, dass nach jeder (Kauf-/Spenden-)Entscheidung dem Auf­kom­men kogni­ti­ver Dis­so­nanz vor­zu­beu­gen ist. Beim Spen­der soll kein Zwei­fel an sei­ner Spen­den­ent­schei­dung ent­ste­hen. Zwei­fel, die auf­kom­men, wenn der Spen­der ewig nichts vom Emp­fän­ger hört und sich Fra­gen stellt wie: „Ist mei­ne Spen­de über­haupt ange­kom­men?“, „Wis­sen die Emp­fän­ger mei­ne Spen­de über­haupt zu schät­zen?“, „Brau­chen die mei­ne Spen­de über­haupt?“ Oder: „Hät­te ich nicht bes­ser an eine ande­re Orga­ni­sa­ti­on spen­den sol­len?“ Ein schnel­ler Dank mil­dert die kogni­ti­ve Dis­so­nanz ab oder beugt ihr gar vor. Er erhöht die Wahr­schein­lich­keit wei­te­rer Spen­den in der Zukunft.

„So fühlt man Absicht, und man ist ver­stimmt.“ (J.W. v. Goe­the, Tor­qua­to Tas­so, 2. Akt, 1. Auf­tritt) Die­ses Zitat bringt die Gefahr eines all­zu mecha­nis­ti­schen Vor­ge­hens gegen das mög­li­che Auf­flam­men kogni­ti­ver Dis­so­nanz auf den Punkt. Wes­halb bin ich irri­tiert, wenn mich der Auto­händ­ler ca. zehn Tage nach dem Kauf mei­nes neu­en Wagens anruft? Er möch­te sich ver­si­chern, dass ich mit mei­ner Ent­schei­dung noch zufrie­den bin. Weil ich ahne, dass es ihm weni­ger um mich, son­dern mehr um die Absi­che­rung sei­nes Ver­kaufs geht. Legi­tim und schlau aber auch berechnend.

Lothar Schulz ging es bei sei­nem Fund­rai­sing­an­satz immer dar­um, die Per­spek­ti­ve der Spen­der in den Vor­der­grund zu rücken. Das ist die Kon­se­quenz einer wahr­haft empa­thi­schen Grund­hal­tung zu den Unter­stüt­zern. Im Unter­schied zu Kon­sum­gü­tern geht es im Non­pro­fit-Bereich um ideel­le Wer­te, die geteilt wer­den wol­len. Die Bezie­hung zwi­schen Spen­dern und Orga­ni­sa­ti­on unter­schie­det sich somit fun­da­men­tal. Wäh­rend ich beim Auto­händ­ler davon aus­ge­hen darf, dass die­ser für sei­nen eige­nen Pro­fit arbei­tet, ver­traue ich bei der Non­pro­fit-Orga­ni­sa­ti­on (NPO) dar­auf, dass sie sich pri­mär den ande­ren, unse­ren Mit­men­schen, Mit­ge­schöp­fen und der Gemein­schaft ver­pflich­tet fühlt. Damit ist die mora­li­sche Fall­hö­he für NPOs deut­lich grö­ßer als bei Unter­neh­men, soll­te die­ses Ver­trau­en nach­hal­tig irri­tiert oder ent­täuscht werden.

Wah­rer Dank ent­springt nicht dem Kal­kül, son­dern der Ver­bun­den­heit im Geis­te, in der Sache und dem Respekt vor­ein­an­der. Dass ein schnel­les und von Her­zen kom­men­des „Dan­ke­schön“ auch zukünf­ti­gen Spen­den zuträg­lich ist, muss dabei nicht ver­ges­sen werden.

Lite­ra­tur:

  • Leon Fest­in­ger: Theo­rie der Kogni­ti­ven Dis­so­nanz. Huber Ver­lag Bern, 2012.
  • Hans Raf­fée (Autor),‎ Bern­hard Sau­ter (Mit­wir­ken­de),‎ Gün­ter Sil­ber­er (Mit­wir­ken­de): Theo­rie der kogni­ti­ven Dis­so­nanz und Kon­sum­gü­ter-Mar­ke­ting: Der Bei­trag der Theo­rie der kogni­ti­ven Dis­so­nanz zur Erklä­rung und Gestal­tung von Kauf­ent­schei­dun­gen bei Kon­sum­gü­tern, Gab­ler Wies­ba­den, 1973.

(Foto: © RitaE by pixabay.com)

“Fundraising is the principle of asking, asking again and asking for more.” (Fundraising-Weisheit #2)

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Die kön­nen wir nicht fra­gen, die haben bereits beim letz­ten Mal gespen­det.” Ein Satz, den ich bei Bera­tun­gen von Vor­stän­den und Kir­chen­ge­mein­de­rä­ten häu­fi­ger zu hören bekom­me. Posi­tiv auf­ge­nom­men, kann man das so ver­ste­hen, dass auch ande­re Men­schen sich an der Finan­zie­rung der Gemein­de oder des Pro­jekts betei­li­gen sol­len. An sich eine löb­li­che Hal­tung, doch erfah­rungs­ge­mäß nicht son­der­lich effektiv.

Wer schon ein­mal mit einer Sam­mel­do­se von Haus­tür zu Haus­tür gegan­gen ist oder in einer Fuß­gän­ger­zo­ne um Spen­den gebe­ten hat, der weiß, wie her­aus­for­dernd es ist, Spen­der zu gewin­nen. Men­schen, die im Ver­trieb arbei­ten, ken­nen die­se Erfahrung.

Des­we­gen ist es für NGOs, Ver­ei­ne und Gemein­den wesent­lich effek­ti­ver, bereits gewon­ne­ne Spen­de­rin­nen erneut um Unter­stüt­zung zu bit­ten, als wie­der neue Spen­der zu fin­den. Durch die Pfle­ge und geplan­te Wie­der­an­spra­che von Spen­de­rin­nen unter­schei­det sich sys­te­ma­ti­sches Fund­rai­sing vom ein­fa­chen Spendensammeln.

“Fund­rai­sing is the prin­ci­ple of asking, asking again and asking for more.” (Kim Klein)

“Die Grund­la­ge allen Fund­rai­sin­gs ist zu fra­gen, wie­der zu fra­gen und nach mehr zu fra­gen.”, so könn­te man den Merk­satz von Kim Klein über­set­zen, einer bekann­ten ame­ri­ka­ni­schen Fund­rai­se­rin. Dahin­ter steht die Erfah­rung, dass es wesent­lich wirt­schaft­li­cher ist, vor­han­de­ne Spen­der erneut um Spen­den zu bit­ten. Oft braucht es bei nicht­kirch­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen bis zu drei Durch­schnitts­spen­den, bis der Auf­wand für die Neu­s­pen­der­ge­win­nung die Erträ­ge übersteigen.

Fund­rai­sing ist Teil der lang­fris­ti­gen Finan­zie­rungs­stra­te­gie einer Orga­ni­sa­ti­on. Es ist ein auf Dau­er ange­leg­tes Vor­ge­hen und soll einen ver­läss­li­chen Bei­trag leisten.

Kim Kleins “Weis­heit” liegt auch die Ein­sicht zugrun­de, dass die Bezie­hung zwi­schen Orga­ni­sa­ti­on und Spen­der wach­sen kann. Das allein auf die Spen­den­hö­he oder ‑häu­fig­keit zu bezie­hen, wür­de die Grün­de aus­blen­den, die es aus­sichts­reich machen, wie­der­holt und um mehr zu bitten.

Die Bezie­hung wächst in dem Maße, in dem die Orga­ni­sa­ti­on ver­läss­lich mit der Spen­de­rin kom­mu­ni­ziert. Das fängt an mit dem schnel­len Dank für die Spen­de und geht wei­ter mit Infor­ma­tio­nen über die Ver­wen­dung und die Wir­kung der Mit­tel. So baut sich Ver­trau­en auf. Die Spen­de­rin­nen erfah­ren, dass ihr Enga­ge­ment Sinn ergibt.

Ver­trau­en ist die Grund­la­ge dafür, die Spen­der erneut und in der Fol­ge auch gezielt um mehr zu fra­gen. Dabei geht die NGO einer­seits dar­auf, dass der Spen­der selbst ent­schei­det, ob und wofür er spen­den möch­te. Ande­rer­seits soll der Spen­der dar­auf ver­trau­en dür­fen, dass die NGO ihn nicht unter Druck setzt.

Fund­rai­sing ist ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zess. In dem Maße, in dem eine NGO und ihre Spen­de­rin­nen mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren, wird es für bei­de Sei­ten immer selbst­ver­ständ­li­cher, über wei­te­re Spen­den zu spre­chen. Und dann wird die Fra­ge zu einem kon­kre­ten Ange­bot, sich wei­ter­hin für einen guten Zweck zu engagieren.

(Bild: © ger­alt by pixabay.com)

Die Kirchensteuer — überall

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Es war in Brett­en an der Stifts­kir­che. Eines Tages waren der Zivi und ich dabei, das Tor zur Ein­fahrt auf den Kirch­vor­platz zu schlie­ßen, da schoss ein Klein­wa­gen an uns vor­bei und fuhr dem Zivi bei­na­he über die Zehen. Der Wagen park­te, ein Mann stieg aus und woll­te eilends weg. Auf unse­re Ansa­ge hin, dass dies kein öffent­li­cher Park­platz sei und er bit­te wie­der weg­fah­ren sol­le, kam die Ant­wort: “Ich darf hier par­ken.  Ich zah­le Kirchensteuer.”

Ob aus­ge­spro­chen oder unaus­ge­spro­chen, das The­ma “Kir­chen­steu­er” schwebt wie eine Wol­ke über  jeder  Kom­mu­ni­ka­ti­on  mit unse­ren Mit­glie­dern, Sym­pa­thi­san­ten, Ehren­amt­li­chen und Spen­dern. Und — mei­ne The­se — je sel­te­ner die­se Kom­mu­ni­ka­ti­on geschieht, des­to häu­fi­ger spielt das The­ma eine Rol­le, wenn es dann zum Kon­takt kommt.

“Jah­re­lang habe ich Kir­chen­steu­er gezahlt, ohne etwas in Anspruch zu neh­men  und jetzt, wo ich hei­ra­te, kom­me ich mir wie ein Bitt­stel­ler vor.” Sol­che oder ähn­li­che Aus­sa­gen begeg­nen mir gelegentlich.

Auch manch Kir­chen­steu­er­zah­ler, der eine Spen­den­bit­te von sei­ner Gemein­de erhält, reagiert mit den Worten:

“Ich zah­le doch Kirchensteuer!”

Die­se Reak­ti­on kann so inter­pre­tiert wer­den, dass das Mit­glied der Mei­nung ist, bereits genug zur Finan­zie­rung der Kir­che bei­zu­tra­gen. Das schwingt wohl oft mit. Doch es gibt da noch etwas ande­res. Die Bit­te um eine Spen­de wird m.E. häu­fig als undank­bar und unzei­tig emp­fun­den. Denn der Bei­trag, den man als Mit­glied durch die Kir­chen­steu­er leis­tet, wur­de bis­lang nicht gewür­digt und gedankt.

Und ein Dank wäre ange­mes­sen, denn anders als bei staat­li­chen Steu­ern kann man sich der Kir­chen­steu­er leicht und legal durch den Aus­tritt ent­le­di­gen. Aus Sicht von Mit­glie­dern, die nur sel­ten in Kon­takt mit ihrer Gemein­de oder ande­ren kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen sind, ist die Kir­chen­steu­er so eher eine frei­wil­li­ge Gabe. Sie wird viel­leicht aus alter Ver­bun­den­heit gezahlt, ähn­lich einer pas­si­ven Vereinsmitgliedschaft.

Ich kann die geschil­der­te Ent­täu­schung eini­ger Kir­chen­steu­er­zah­ler beim Erhalt von Spen­den­brie­fen nach­voll­zie­hen. Dass die meis­ten Lan­des­kir­chen nicht wis­sen, wer die 30% ihrer kir­chen­steu­er­zah­len­den Mit­glie­der sind, taugt nicht als Ent­schul­di­gung (Wes­halb das so ist und ob das so blei­ben muss, dazu ein ander­mal.). Es ist viel­mehr ein wesent­li­ches Teil des Pro­blems. Denn es sind die Orts­ge­mein­den und ihre Mit­ar­bei­ter und Enga­gier­ten, die in den dich­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zu­sam­men­hän­gen mit den Mit­glie­dern ste­hen. Über ihnen reg­nen die meis­ten der regel­mä­ßi­gen Kir­chen­steu­er­ge­wit­ter ab.

Was Not tut? Mehr, genau­er und offe­ner über das The­ma Kir­chen­steu­er mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren. Und das gilt nicht nur oder pri­mär in Hin­blick auf die vie­len Mit­glie­der, die nicht zur Kern­ge­mein­de gehö­ren, oder die all­ge­mei­ne Öffent­lich­keit. Da gibt es zwar schon gute Ansät­ze (sie­he z.B. hier), aber auch noch viel zu tun. Mehr reden und infor­mie­ren gilt vor allem auch für die Mit­ar­bei­te­rIn­nen, die Gre­mi­en und Kern­ge­mein­den. Es geht um ein Bewusst­sein um die finan­zi­el­len Grund­la­gen unse­rer Kir­che. Davon hängt die Orga­ni­sa­ti­on Kir­che ab.

Die Bot­schaft Jesu gilt allen Men­schen, egal ob arm oder reich, ohne Unter­schied. Doch die unglei­che Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­ver­tei­lung in unse­rer Gesell­schaft spie­gelt sich bei unse­ren Mit­glie­dern wei­test­ge­hend wider. Als Orga­ni­sa­ti­on tut Kir­che gut dar­an, dies wahr­zu­neh­men und Aris­to­te­les’ ethi­sches Prin­zip zu befol­gen: Glei­ches gleich zu behan­deln und Unglei­ches ungleich. Die Ver­drän­gung oder Tabui­sie­rung des The­mas wird nie­man­dem gerecht wer­den und nicht gut tun.

(Bild: © nis­roh / pixabay.com)

Amazon (Smile) und das Gemeinwesen — Eine zynische Beziehung

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Ich wer­de immer wie­der gefragt, ob ich Erfah­rung mit den diver­sen cha­ri­ty-shop­ping-Pro­gram­men im Inter­net habe, also Ama­zon­S­mi­le, Bil­dungs­spen­der etc. Das liegt schon lan­ge zurück. Ich habe immer gera­ten, sei­ne Zeit und Kraft in ande­re Stra­te­gien (Gesprä­che, För­der­an­trä­ge etc.) zu inves­tie­ren. Da kommt mehr bei rum. Denn cha­ri­ty-shop­ping-Pro­gram­me erfor­dern die per­ma­nen­te Erin­ne­rung des eige­nen Netz­werks dran, sie zu nut­zen. Also: Cui bono?

Es gibt aber ins­be­son­de­re mit Blick auf Ama­zon­S­mi­le für NGOs, die Kir­chen und den öffent­li­chen Sek­tor ein mas­si­ves ethi­sches Pro­blem. Die sog. “Para­di­se Papers” haben wie­der ein Schlag­licht dar­auf gewor­fen, wie glo­bal agie­ren­de Kon­zer­ne sys­te­ma­tisch Steu­er­ver­mei­dung zulas­ten der Län­der betrei­ben, in denen sie ihre Geschäf­te und Gewin­ne machen.

Es ist zynisch, wenn die­se Kon­zer­ne sich  im Rah­men ihrer Cor­po­ra­te Social Respon­si­bi­li­ty-Stra­te­gien gleich­zei­tig als Unter­stüt­zer des Gemein­we­sens dar­stel­len. Da las­sen sich zahl­rei­che För­der­ver­ei­ne von Schu­len und Kin­der­gär­ten z.B. bei Ama­zon­S­mi­le lis­ten und hof­fen auf klei­ne Bei­trä­ge für ihre Arbeit. Die Aus­stat­tung der Kin­der­gär­ten, Schu­len und Sport­ver­ei­ne und somit der Unter­richt und die Trai­nings­be­din­gun­gen sol­len mit die­sen Spen­den ver­bes­sert werden.

Dabei liegt es auf der Hand, dass die Kon­zer­ne der Gesell­schaft nicht zuerst mil­de Gaben son­dern ihre Steu­ern schul­den. Dann stün­den dem Staat genug Mit­tel zur Ver­fü­gung, Kin­der­gär­ten, Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten sowie die öffent­li­che Infra­struk­tur bes­ser aus­zu­stat­ten. Also genau die Struk­tu­ren, von denen die Kon­zer­ne in den Län­dern auch profitieren.

Des­we­gen soll­ten alle Akteu­re der Zivil­ge­sell­schaft Rück­grat zei­gen und einen wei­ten Bogen um sol­che Ange­bo­te machen. Es muss viel­mehr laut und deut­lich gesagt wer­den: Steu­er­ver­mei­dung scha­det der Zivil­ge­sell­schaft mas­siv. Da ist jedes  Cha­ri­ty-Pro­gramm eine Nebel­ker­ze und kor­rum­piert zudem die Empfänger.

(Bild: © gleen­fer­di­nand by pixabay.com)

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